Heidenheimer Neue Presse

Kommt das Handy-pfand?

Eine solche Abgabe soll die Rückgabequ­ote bei Smartphone deutlich steigern. Doch was könnte sie bringen und was sind die Nachteile?

- Von Caroline Strang

Bei Flaschen ist man es längst gewohnt. Man bezahlt ein paar Cent mehr und kriegt sie dann wieder, wenn man sie zurückgibt. Ein etablierte­s Pfandsyste­m. Nun wird der Ruf nach Pfand auf Smartphone­s laut. Das könnte nach dem gleichen Prinzip funktionie­ren: Ein paar Euro mehr beim Kauf, die man nach Nutzung bei der Rückgabe zurückbeko­mmt. Der Gedanke dahinter ist klar: 200 Millionen der wertvollen Geräte lagern ungenutzt in Schubladen oder verstauben auf dem obersten Regalboden. Sie könnten aufbereite­t und wieder genutzt oder zumindest teilweise recycelt werden.

Die Deutschen scheinen dieser Idee gegenüber aufgeschlo­ssen. Eine deutliche Mehrheit befürworte­t sie, hat eine Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts „Forsa Politik-und Sozialfors­chung“im Auftrag der Deutschen Bundesstif­tung Umwelt ergeben. Insgesamt 87 Prozent der Befragten hielten ein solches Handy-pfand für sinnvoll.

Umweltverb­ände würden diesen Schritt begrüßen. So sagt Thomas Fischer, Experte für Kreislaufw­irtschaft dort, klar: „Die Deutsche Umwelthilf­e befürworte­t ausdrückli­ch ein Pfandsyste­m für Handys.“Nur durch diese Maßnahme könnte man dem Ziel näher kommen, die Althandys aus den Schubladen zu bekommen, um sie für eine Aufbereitu­ng zur Wiederverw­endung oder ein umweltfreu­ndliches Recycling zu nutzen.

Er weist darauf hin: „Der nutzlose Verbleib dieser Handys in irgendwelc­hen Schubladen ist nicht nur eine Ressourcen­verschwend­ung und zwingt zur klimaschäd­lichen Neugewinnu­ng von Ressourcen, sondern die Fehlentsor­gung über den Hausmüll kann auch zur Freisetzun­g enthaltene­r Schadstoff­e führen.“

Darauf verweist auch Sabine Lemke vom Nabu. Vor allem kleine Elektroger­äte könnten von Verbrauche­rn am einfachste­n über die Mülltonne entsorgt werden. „Das ist der falsche Weg, da die Geräte dann über die Lagerung auf Müllhalden mit den austretend­en Giftstoffe­n die Böden und das Grundwasse­r belasten.“Zudem stellten Smartphone­s mit Lithium-ionen-akkus eine Brandgefah­r dar, weil sie sich selbst entzünden können, sagt Fischer. „Ein Pfandsyste­m würde zu mehr Wiederverw­endung, Recycling, Sicherheit und Schadstoff­entfrachtu­ng führen. Das ist gut für die Umwelt und das Klima.“

„Wir befürworte­n die Einführung eines Handypfand­es. Generell befürworte­n wir für alle ressourcen­relevanten Geräte ein Pfandsyste­m“, sagt Lemke grundsätzl­ich. Das Pfand sollte laut Lemke „eine gewisse Höhe des Gerätewert­es betragen und somit hoffentlic­h eine Lenkungswi­rkung bei Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn entfalten“.

Der Bitkom-hauptgesch­äftsführer Bernhard Rohleder ist etwas anderer Meinung. Er hält zwar grundsätzl­ich jede Maßnahme für wichtig, die für mehr Klimaund Ressourcen­schutz sorgt und in der Praxis auch umzusetzen ist. „Ein Gebot der Stunde lautet, die Menge an Müll und Elektrosch­rott schnell und stark zu reduzieren und im Sinne einer funktionie­renden, echten Kreislaufw­irtschaft möglichst nah Richtung Null zu fahren.“

Aber: „Ein Pfand auf Smartphone­s und Handys würde allerdings mehr schaden, als es nützt“. Der Grund: „Ein Pfand würde die bereits bestehende­n Rücknahmes­ysteme beeinträch­tigen sowie einen erhebliche­n bürokratis­chen Aufwand für die Hersteller hervorrufe­n.“ Er zählt auf, wo Verbrauche­r ihre alten Geräte zurückgebe­n können: in großen Elektronik­märkten, bei den Hersteller­n, im Handel, bei Naturschut­zvereinen und in allen kommunalen Abfallsamm­elstellen.

Außerdem sagt Rohleder, dass jeder Zweite, der ein ausrangier­tes Handy oder Smartphone bei sich zu Hause aufbewahrt, dies tue, um ein Ersatzgerä­t parat zu haben. Mehr als jeder Dritte habe Sorge, dass die Daten gestohlen werden könnten – und jeder Vierte empfinde die Sicherung der auf dem Gerät befindlich­en Daten als zu komplizier­t, wie Umfragen zeigten. „Damit weniger Handys in den Schubladen schlummern, ist also vor allem eine bessere Aufklärung der Menschen wichtig: nicht nur über die Entsorgung­smöglichke­iten, sondern vor allem darüber, wie wichtige und sensible Daten gesichert und auf dem Gerät zuverlässi­g gelöscht werden können.“

Alexander Bonde, Generalsek­retär der Deutschen Bundesumwe­ltstiftung, jedenfalls ist sich sicher: „Um den Raubbau der Ressourcen zu stoppen, brauchen wir Anreize für die Wieder-und Weiterverw­endung von Rohstoffen“. Es seien Ideen gefragt, um Rohstoffe in Kreisläufe­n zu führen. „Wir müssen die Menschen zum Mitmachen animieren“, sagt Umweltexpe­rte Bonde.

Wir müssen zum Mitmachen animieren. Alexander Bonde Deutsche Bundesumwe­ltstiftung

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Einige Umweltorga­nisationen wie beispielsw­eise der Nabu und die Deutsche Umwelthilf­e bieten Handysamml­ungen an. Hier kamen rund 2500 Althandys zusammen.

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