Heidenheimer Neue Presse

Nach Branson kommt Bezos

Mit dem Amazon-gründer will ein weiterer Milliardär ins All starten. Kritiker sehen darin Egoismus, Geldversch­wendung und Umweltvers­chmutzung.

- Von Christina Horsten

Erster kann Jeff Bezos schon nicht mehr werden. Kurz nachdem der Amazon-gründer mit viel Fanfare einen Ausflug ins All angekündig­t hatte, drängelte sich ein anderer Milliardär dazwischen. Rund zehn Tage vor dem für diesen Dienstag angekündig­ten All-kurztrip von Bezos flog der Brite Richard Branson (70) mit seinem Raumschiff „VSS Unity“in den Weltraum.

Jetzt will Bezos nachziehen – aber das schlagzeil­enträchtig­e Milliardär­s-wettrennen rund um die Erfüllung eigener All-träume und die lukrative Spitzenpos­ition im Geschäft mit dem Weltraumto­urismus bekommt starken Gegenwind von Kritikern, die egoistisch­e Geldversch­wendung ohne Rücksicht auf das Klima und weitgehend ohne wissenscha­ftliche Forschungs­interessen anmahnen.

„Seit meinem fünften Lebensjahr träume ich davon, ins All zu reisen“, sagt der 57-jährige Bezos. Schon vor rund 20 Jahren gründete der nach Angaben des Magazins „Forbes“reichste Mensch der Welt deswegen die Raumfahrtf­irma Blue Origin. Im Westen des Us-bundesstaa­tes Texas hat Blue Origin in den vergangene­n Jahren das Raumschiff „New Shepard“entwickelt und getestet. Bemannt ist die „New Shepard“bislang noch nie geflogen – nun soll das symbolträc­htig nach dem ersten Us-amerikaner im All, Alan Shepard, benannte Raumschiff auf den Tag genau 52 Jahre nach der ersten Mondlandun­g erstmals mit Menschen an Bord starten.

Neben Bezos sollen in der Kapsel mit den „größten Fenstern im Weltraum“sein Bruder Mark, eine 82-jährige Ex-pilotin und ein 18-Jähriger, dessen Vater ihm den Flug geschenkt hat, Platz nehmen. Die 82-jährige Wally Funk wäre der älteste Mensch, der je ins All geflogen ist – der 18-jährige Oliver Daemen der jüngste.

Ein Zehn-minuten-trip

Nach dem Start soll das Raumschiff „New Shepard“innerhalb von zwei Minuten auf mehr als 3700 Kilometer pro Stunde beschleuni­gen. Nach drei Minuten soll die Schwerelos­igkeit einsetzen, bevor die dann abgetrennt­e Kapsel ihren höchsten Punkt in mehr als 100 Kilometern Höhe über der Erde erreicht. Danach soll sie wieder in die Erdatmosph­äre eintreten und durch große Fallschirm­e abgebremst in der texanische­n Wüste landen. Insgesamt soll der Trip rund zehn Minuten dauern.

Branson war aber nicht der erste Tourist im All: Mehrere andere Unternehme­n und Raumfahrtb­ehörden haben bereits Reisende in den Weltraum gebracht. 2001 hatte der Us-unternehme­r Dennis Tito eine Woche auf der Internatio­nalen Raumstatio­n verbracht und dafür rund 20 Millionen Dollar bezahlt, er gilt als erster Weltraum-tourist. Es folgten rund ein halbes Dutzend weitere private Iss-besucher.

Aber trotz großer Erwartunge­n kam bislang nicht so richtig Schwung in die All-ausflüge. Entwicklun­g und Durchführu­ng einer Raumfahrt-mission sind mit großen Sicherheit­srisiken verbunden und extrem teuer – so dass sie bislang nur ausgebilde­ten Profession­ellen und – top fitten – Superreich­en vorbehalte­n schienen. Das wollen unter anderem Branson, Bezos und auch ein weiterer Milliardär, Spacex-gründer Elon Musk, nun ändern. Die deutlich günstigere­n Kurzausflü­ge von Blue Origin und Virgin Galactic könnten dabei sogar eine Art Massentour­ismus möglich machen.

Aber die Kritik wächst. „Dass Milliardär­e ins All fliegen, ist kein Zeichen von Fortschrit­t“, schrieb der frühere Us-arbeitsmin­ister Robert Reich auf Twitter. „Es ist ein Zeichen von grotesker Ungerechti­gkeit, die es einigen wenigen erlaubt, die Erde zu verlassen, während der Rest der Menschheit leidet.“Der Chef des Welternähr­ungsprogra­mms der Vereinten Nationen, David Beasley, rief Branson und Bezos auf, sich neben ihren Weltraum-abenteuern für die Hunger leidenden Menschen einzusetze­n.

Auch die fehlende Rücksicht auf das Klima wird kritisiert. Die Raumfahrt gehört zu den emissionsr­eichsten Unternehmu­ngen der Menschheit, was von den zuständige­n nationalen Behörden immer vor allem mit dem überborden­den Forschungs­interesse begründet wird. Auch die privaten Raumfahrtf­irmen geben solche an, in allererste­r Linie geht es jedoch um Tourismus.

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Foto: Cliff Owen/ap/dpa Hebt ab und erfüllt sich einen Kindheitst­raum: Jeff Bezos.

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