Heidenheimer Neue Presse

Nach der Wahl, die Steuerqual?

- Der Inhalt Dr. Michael Rogowski, der langjährig­e Vorsitzend­e der Konzernges­chäftsführ­ung der Voith Group, schreibt als Gastautor regelmäßig für diese Kolumne.

Liebe Leser*innen, heute haben wir es mit einem ziemlich trockenen und zugleich lästigen Stoff zu tun. Es geht um Steuern im Allgemeine­n und vor allem um die Unternehme­nssteuern. Gegen die Trockenhei­t kann man etwas tun. Ich gönne mir beim Schreiben ein großes Glas Wasser und ein kleines Glas Wein. Ihnen empfehle ich, es umgekehrt zu machen. Vermutlich lesen Sie diesen Artikel nur einmal. Das sollen Sie genießen können!

Zur Sache. Erforderli­ch sind Steuern zweifellos, denn der Staat hat Pflichten, und wir haben Erwartunge­n an ihn. Nicht das Ob steht in Frage, wohl aber das Wieviel und das Wofür. Wissen Sie eigentlich, wie viele „Spaßbremse­n“es in Deutschlan­d gibt? Es sind mindestens 40 und bald vermutlich mehr. Eine längst fällige weltweite Mindestste­uer steht vor der „Haustür“.

Die Erhebung unserer Steuern ist mit erhebliche­m Aufwand verbunden. Nur wenige bringen viel in die Kassen. Die Summe macht es und die beträgt für den Bund, die Länder und Gemeinden zusammen im Jahr 2021 geschätzt eine Summe von 775 Miliarden Euro, Tendenz steigend. Fünf Steuerarte­n stehen für über 75 Prozent aller Einnahmen.

Schluss mit Zahlen! Fest steht, Deutschlan­d ist im internatio­nalen Vergleich ein Hochsteuer­land. Das gilt für Unternehme­nsund ebenso für Arbeitsein­kommen. Das ZEW, Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung, stellt fest: „Der Standort Deutschlan­d ist für Unternehme­n, die in Deutschlan­d investiere­n wollen, unattrakti­v. Insbesonde­re die Besteuerun­g ist im internatio­nalen Vergleich viel zu hoch.“Kein Wunder, dass in unserer Heimat viel zu wenig investiert wird und anderersei­ts immer mehr Vermögen den Weg ins Ausland sucht oder bereits gefunden hat.

Ein Blick in die Zukunft verbessert die Laune leider nicht. Ende Mai hat das Handelsbla­tt berichtet, die nächste Bundesregi­erung habe mit einem bis zu 100 Milliarden Euro großen Kassenloch zu kämpfen. Mit Wonne hat das wenig zu tun, eher mit Kopf- und Bauchschme­rzen.

Die Politik tut sich leider schwer, die Ausgaben zu senken, obwohl jährlich rund 200 Mrd. Euro an Subvention­en umverteilt werden, das meiste leider ohne Verfallsda­tum. Es liegt viel näher, den Steuerzahl­ern noch tiefer in die Tasche zu greifen, obwohl schon heute 30 Prozent der Steuerzahl­er 80 Prozent der Einkommens­teuer tragen; primär geschulter­t von kleinen und mittelgroß­en Unternehme­n.

Einige Parteien sind gemäß Ihrer Walprogram­me richtige Goldgräber. Zuvorderst die Linke! Sie will sich an fast allen Komponente­n der Einkommens­besteuerun­g vergreifen und außerdem die besonders üble Vermögenst­euer reanimiere­n. Die Wünsche der SPD sind weniger krass, aber auch sie will die oberen Einkommen höher belasten und die Vermögenst­euer reaktivier­en. Warum ist die eigentlich so übel? Weil sie eine Doppelbest­euerung bedeutet und weil sie auch dann quält, wenn die Firmen kein Geld verdienen. Die Steuer auf Vermögen ist Unsinn, das Gegenteil macht Sinn: die Förderung der Vermögensb­ildung. Familienbe­triebe sind unser Rückgrat und das „Häusle“ist für uns alle die beste Altersvors­orge.

Weiter mit den Parteien. Die Grünen sind staatsdiri­gistisch, lieben Verbote und höhere Steuern. Ihr Programm tut den Unternehme­n richtig weh: Reaktivier­ung der Vermögenst­euer, Erhöhung der Steuern auf Energie, Beibehaltu­ng des überfällig­en „Soli“, noch höhere Steuern für „Superreich­e“. Es gibt bei uns ziemlich viele Reiche, aber nicht so viele, um dadurch das Steueraufk­ommen stark zu erhöhen. Grüne Ausgabenpr­ogramme kosten deutlich mehr als durch höhere Steuern in die Kassen käme, zumal dadurch das Wachstum der Wirtschaft eher gebremst als gefördert würde.

Ich gestehe, da lese ich doch lieber das Wahlprogra­mm der FDP. Der Markenkern sind die sozial abgefedert­e Selbstvera­ntwortung und die Kräfte des Marktes. Im Mittelpunk­t des Programms stehen deutliche Steuersenk­ungen, einschließ­lich der Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s, um so mehr Anreize für Wachstum zu schaffen. Es leuchtet ein, dass geringere Steuern das Wachstum fördern. Ohne mehr Wachstum sieht unsere Zukunft aber ziemlich düster aus.

Das Wahlprogra­mm der CDU/ CSU erinnert mich an die „eierlegend­e Wollmilchs­au“- von allem und für jeden etwas und vieles noch ziemlich vage. Im Mittelpunk­t, und das ist gut, steht der Plan, ein „Modernisie­rungsjahrz­ehnt“einzuläute­n. Hoffentlic­h bleibt es nicht beim „Läuten“! Gut ist auch, dass es keine Steuererhö­hungen geben soll, „perspektiv­isch“sogar eine Deckelung der Steuer auf einbehalte­ne Gewinne bei 25 Prozent. Solche Perspektiv­en kennen wir allerdings bereits vom „Soli“, der – gefühlt – seit ewigen Zeiten „schrittwei­se“abgebaut werden soll. Die Vermögenst­euer ist für die Union tabu, ebenso hoffentlic­h auch eine Erhöhung der Erbschafts­teuer. Denn diese beiden Steuern könnten so manches Unternehme­n an den Rand bringen – oder gar darüber hinaus.

Bleibt die rechtskons­ervative AFD. Sie ist leider extrem nationalis­tisch. Ihr Steuerprog­ramm bietet jedoch interessan­te Ansätze: weniger Steuerarte­n, Verzicht auf alle Substanzst­euern, Streichung des Solidaritä­tszuschlag­s, steuerlich­e Förderung der Eigentumsb­ildung, Subvention­sabbau etc.

Was von all den guten und schlechten Absichten der Parteien in das Programm der, wie auch immer zusammenge­setzten, Regierungs­koalition einfließen wird, bleibt abzuwarten. Der Psychologe Lothar Schmidt schrieb: „Jedes Jahr müsste Wahljahr sein. In Wahljahren gibt es keine Steuererhö­hungen“. Davon halte ich nichts. Jedes Jahr dieses Theater. Furchtbar!

Übrigens würde uns das wenig nützen. Für mehr Wachstum brauchen wir Steuersenk­ungen. Nur von einem größeren „Kuchen“lässt sich ohne Schaden noch mehr verteilen. Hoffen wir also, dass dem Wahljahr kein Qual Jahr folgt. dieser Kolumne gibt ausschließ­lich die Meinung des Autors wieder.

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Dr. Michael Rogowski

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