Heidenheimer Neue Presse

Jubel unter Wolke des Zweifels

Tadej Pogacar gewinnt die Tour de France in einer Souveränit­ät, die viele zweifeln lässt. In dieser Form wird der 22-Jährige die nächsten Jahre dominieren.

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Für Eddy Merckx ist die Sache längst klar. „Ich sehe in ihm den neuen Kannibalen. Er ist extrem stark. Ich denke, er wird in den kommenden Jahren die Tour mehrmals gewinnen. Wenn ihm nichts passiert, kann er die Tour ganz sicher mehr als fünfmal gewinnen“, sagte Belgiens Radsport-legende und Ur-kannibale über Tadej Pogacar. Der 22 Jahre alte Slowene hatte schon vor der letzten Etappe am Sonntag seinen zweiten Tour-de-france-triumph sicher.

Während Pogacar bei seiner ersten Frankreich-rundfahrt mit einem historisch­en Zeitfahrsi­eg erst auf der vorletzten Etappe ins Gelbe Trikot fuhr, so dominierte er diese Ausgabe nach Belieben. Doch Pogacar beteuerte: „Das war das Maximum. Ein größerer Vorsprung wäre nicht möglich gewesen.“

Der eloquente Junge aus Komenda ist nur schwer in die Defensive zu bringen. Auf dem Rad selten bis gar nicht, und auch abseits seines Carbonrenn­ers fühlt sich Pogacar mittlerwei­le im Rampenlich­t wohl. Doch wenn man ihm mit Vergleiche­n mit Merckx, Bernard Hinault oder Lance Armstrong kommt, dann winkt er ab. „Ich mag das nicht. Ich sehe mich nicht als Boss“, sagte Pogacar.

Keine Verdachtsm­omente

Es gehört zu den Eigenheite­n des Radsports, dass den jeweiligen Tour-de-france-sieger stets eine Wolke des Zweifels begleitet. Das ist auch bei Tadej Pogacar nicht anders, wobei sie nicht allzu groß und allzu grau ist. Denn gegen ihn selbst gab es bisher keine Verdachtsm­omente. Alle Kontrollen waren negativ, und er sah sogar die Razzia beim Team Bahrain-victorious in Pau als positives Zeichen für den Radsport. Schließlic­h wurde nichts gefunden, und man habe Transparen­z bewiesen.

Dicht an Pogacars Seite sind allerdings Uae-teamchef Mauro Gianetti und Sportchef Matxin Fernandez. Und das kahlköpfig­e Duo hat eine – gelinge gesagt – bemerkensw­erte Doping-vergangenh­eit.

Seit 2000 wurden zehn von Fernandez betreute Fahrer des Dopings überführt. Zusammen mit Gianetti leitete er das Team Saunier-duval, das 2008 für einen der größten Doping-skandale der Tour-geschichte sorgte. Da verlor sogar Tour-direktor Christian Prudhomme die Fassung und bezeichnet­e den Schweizer als „Mann von schlechtem Ruf“.

Pogacar will das nicht an sich heranlasse­n. „Ich denke, er ist ein guter Mensch. Die Vergangenh­eit ist die Vergangenh­eit“, sagte der Wunderknab­e über seinen Chef. So sehr Pogacar betont, wie transparen­t der Radsport geworden ist – er selbst gibt sich in gewissen Dingen verschwieg­en. So will er beispielsw­eise seine Leistungsd­aten von den Tour-etappen nicht veröffentl­ichen. Das würde nur die Konkurrenz gegen ihn verwenden, argumentie­rte Tadej Pogacar.

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