Tückische Sandmücke
Immer mehr Hunde sind von Leishmaniose betroffen. Woher kommt sie und wie kann man seinen Vierbeiner davor schützen?
Ihr Hund hat Leishmaniose.“Mit dieser Diagnose können die meisten Hundebesitzer wenig anfangen. Hierzulande hört man eher selten von der Infektionskrankheit. Das könnte sich ändern.
Die Krankheit ist vor allem in den Tropen und im Mittelmeerraum beheimatet und wird durch die Parasiten Leishmanien verursacht. Die Einzeller sind nur wenige tausendstel Millimeter groß. Bestimmte Sandmücken können sie auf Tiere und Menschen übertragen. Insbesondere Hunde, aber auch Katzen und Nagetiere sind beliebte Wirte. Sie können die Krankheit aus dem Urlaub mitbringen.
Zudem sind in der Pandemie viele Deutsche auf den Hund gekommen. Um die Nachfrage zu bewältigen, wurden verstärkt Tiere aus dem Ausland importiert. Sie sind oft sehr jung, ungeimpft – und nicht auf Leishmanien getestet. „Manche haben auch gesagt: Egal, ob gesund oder krank – Hauptsache Hund“, sagt Torsten Naucke. Er ist Vorsitzender des Vereins Parasitus Ex, der sich parasitären Erkrankungen von Tieren widmet. „Es werden auch vermehrt erwachsene Hunde aus Süd- und Osteuropa importiert“, ergänzt Michael Leschnik von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. „Darunter sind immer mehr Leishmanien-fälle.“
Da die Krankheit nicht meldepflichtig ist, gibt es keine genauen Zahlen dazu. Knapp vor der Corona-pandemie seien rund 130 000 Hunde betroffen gewesen, sagt Naucke. Auf die 10 Millionen Hunde, die in Deutschland leben, erscheint das nicht viel. Naucke schätzt, dass der Prozentsatz in etwa gleich geblieben ist. Absolut gesehen seien es aber mehr auffällige Fälle.
Das tückische an der Krankheit ist, dass – wenn überhaupt – erst lange nach der Infektion Symptome auftreten. Die Inkubationszeit liegt zwischen sechs Monaten und mehreren Jahren. Oft ist der Urlaub dann längst vergessen. Eindeutige Leishmaniose-symptome gibt es nicht. Häufig zeigen die Tiere Veränderungen an der Haut, ein extremes Krallenwachstum, geschwollene Lymphknoten oder Gelenke, verlieren Muskeln und sind apathisch. Den endgültigen Beweis liefert ein Antikörper-test.
„Leider muss man aber sagen: Einmal Leishmaniose, immer Leishmaniose“, sagt Leschnik. Bricht die Krankheit aus, sterben die Tiere in der Regel binnen der nächsten zwei bis drei Jahre, sofern sie nicht behandelt werden. „Mit den heutigen Methoden können wir aber eine rasche Verbesserung der Symptome erzielen“, sagt der Spezialist für Infektionsmedizin und Kleintierneurologie. Zumindest, wenn die Krankheit noch nicht allzu weit fortgeschritten ist. Wie lange es einem Hund damit gut geht, ist individuell verschieden, und es bedarf regelmäßiger Kontrollen.
Zwar gibt es eine Impfung, die schützt aber nicht vor der Infektion, sondern nur vor dem Ausbruch der Krankheit. Leschnik empfiehlt sie für Hunde, die ins Ausland reisen. Außerdem ist es ratsam, sich vor den Stichen der Sandmücke, die die Krankheit überträgt, zu schützen. Es gibt spezielle Hundehalsbänder und Mittel, die die Insekten fernhalten sollen. „Sandmücken mögen keine Hitze und keinen Wind“, sagt der Tierarzt. Morgens und abends, bei Windstille und im Landesinneren sei die Gefahr am höchsten. „Zur Mittagszeit am Strand ist meines Wissens noch keiner von einer Sandmücke gestochen worden.“
Insgesamt breite sich die Leishmaniose im südosteuropäischen Raum aus, sagt Leschnik. Es gebe neue Infektionsherde in Bosnien, Serbien und dem Süden Kroatiens. Sicherlich hängt das mit dem Klimawandel zusammen, denn Sandmücken lieben es warm und trocken. Auch in Deutschland und Österreich haben Forscher die Insekten bereits gesichtet. Doch: „Sandmücke ist nicht gleich Sandmücke“, sagt Leschnik.
Nur wenige Arten können die Leishmaniose übertragen. Eine davon wurde schon in Deutschland gefangen, allerdings zuletzt im Jahr 2008. Die zweite hier heimische Art, Phlebotomus mascittii, nimmt zwar stetig zu, es ist aber nicht bekannt, dass sie Leishmanien überträgt. Im Rheintal und anderen warmen Gebieten Deutschlands und Österreichs gibt es die Sandmücke schon länger, Leishmaniose-fälle häufen sich dort aber nicht. Leschnik: „In erster Linie betrifft es Hunde, die eine Import-geschichte haben oder im Urlaub waren.“Naucke stimmt zu: „Alle Leishmaniose-fälle, die wir hier sehen, sind im Ausland entstanden.“
Theoretisch können Hunde die Krankheit auf Menschen übertragen, sagt Naucke. Dazu müsse man aber unmittelbar mit der Wunde eines erkrankten Tiers in Berührung kommen. Menschen infizieren sich, wie die Hunde auch, eher durch einen direkten Stich der Sandmücke, sagt Leschnik.