Goldene Palme für Horrorfilm
Julia Ducournau triumphiert in Cannes mit „Titane“. Der Juryvorsitzende Spike Lee sorgt für eine Panne.
Cannes. Das war überfällig. Mit dem Horrorfilm „Titane“gewinnt die Französin Julia Ducournau bei den 74. Internationalen Filmfestspielen Cannes die Goldene Palme – und ist in der Geschichte des Festivals damit erst die zweite Frau nach Jane Campion (1993, „Das Piano“).
Bemerkenswert ist die Auszeichnung für die 37 Jahre alte Ducournau auch deswegen, weil ihr Film eine Herausforderung und Provokation ist. Im Mittelpunkt von „Titane“steht Alexia, die schon als Kind ihren eigenen Kopf durchsetzen will. Aus ihr wird eine selbstbewusste Frau, die nach ihren eigenen Regeln lebt. Sie ist aber auch eine Serienkillerin, die nach Sex mit einem Auto schwanger wird und sich später als Mann ausgibt, um der Polizei zu entkommen.
Er habe in seinem Leben schon viele Filme gesehen, sagte Jury-präsident Spike Lee nach der Preisverleihung am Samstagabend. „Dies ist aber der erste Film, in dem ein Cadillac eine Frau schwängert. Das hat mich umgehauen. Da sind Genie und Verrücktheit kombiniert.“Ducournau wurde nach der Preisverkündung mit minutenlangen Standing Ovations gefeiert – und musste unter Tränen erst einmal um Fassung ringen.
Trotz ihres großen Triumphs stahl ihr allerdings Spike Lee fast die Show. Denn der 64-Jährige war nicht nur der erste schwarze Präsident einer Cannes-jury. Der Regisseur verriet den Gewinnerfilm versehentlich auch viel zu früh. Als ihn die Moderatorin zu Beginn der Abschlussgala auf Französisch fragte, welches der erste Preis sei, der verkündet werden solle, antwortete der Us-amerikaner: „Der Film, der die Goldene Palme gewonnen hat, ist „Titane“– die anderen Jurymitglieder zuckten sichtbar zusammen, ließen sich aber sonst wenig anmerken.
Zu den Gewinnerinnen zählt auch die Norwegerin Renate Reinsve. Die 33-Jährige wurde bereits nach der Premiere von Joachim Triers „The Worst Person in the World“gefeiert, der von den Lebens- und Liebeswirren einer jungen Frau berichtet, und nahm – ebenfalls unter Tränen – jetzt die Auszeichnung als beste Schauspielerin entgegen.