Heilsamer Zwang
Nach der Flutkatastrophe hat das große Aufräumen begonnen. Viele, deren Haus stark beschädigt oder gar zerstört wurde, fragen sich: Wer bezahlt den Wiederaufbau? Der Staat muss einspringen, heißt es da schnell. Denn viele sind nicht gegen Elementarschäden wie Starkregen oder Hagelschlag versichert. Die normale Wohngebäudeversicherung deckt sie nicht ab. Damit stellt sich wieder einmal die Frage, ob eine Versicherungspflicht gegen solche Schäden eingeführt werden sollte. Ja, denn der Staat sollte nicht immer den Nothelfer spielen.
Die Diskussion wird alle paar Jahre von Neuem geführt. Das war nach der Elbflut 2002 genauso wie nach dem Juni-hochwasser 2013 in Bayern und Ostdeutschland. Schon damals forderten einige Länder eine Versicherungspflicht, aber die Mehrzahl lehnte sie ab.
Am Ende beschlossen die Ministerpräsidenten 2017, künftig keine staatlichen Soforthilfen mehr zu zahlen, es sei denn, der Hausbesitzer hätte sich erfolglos um eine Versicherung bemüht oder sie nur zu unzumutbaren Prämien bekommen können. Da nehmen wir die Versicherungswirtschaft beim Wort, 99 Prozent aller Wohngebäude seien versicherbar.
Doch trotz der eindeutigen Ansage haben sich nur 46 Prozent der Hauseigentümer gegen Elementarschäden abgesichert, in Rheinland-pfalz sogar nur 37 Prozent. Eigentlich müssten die Landespolitiker jetzt konsequent sein: kein Geld vom Staat. Doch angesichts der Katastrophenbilder werden sie das kaum durchhalten. Dazu ist der öffentliche Druck zu groß, noch dazu in Wahlkampfzeiten.
Dabei spricht sehr viel für eine Versicherungspflicht. Denn das nächste Unwetter kommt bestimmt und damit der gleiche Teufelskreis. Die Dummen sind diejenigen, die eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen haben und brav Prämien zahlen, aber über Steuern auch für diejenigen mit geradestehen müssen, die sich das gespart haben.
Warum soll ich eine teure Versicherung abschließen, wo es bei mir doch gar kein Risiko gibt, wird mancher fragen. Doch das ist ein großer Irrtum, wie die Katastrophe jetzt gezeigt
Der Staat muss sich und die Steuerzahler davor schützen, immer wieder mit Milliarden einspringen zu müssen.
hat. Auch da galten die Regionen nicht als Gefahrengebiete. Doch Starkregen oder Hagel können überall zuschlagen. Selbst in topfebenem Gelände kann schnell das Dach weg sein oder der Keller volllaufen. Ein geringes Risiko schlägt sich in niedrigeren Beiträgen nieder. Zur Versicherungspflicht gehört allerdings auch, dass nicht alles abzusichern ist. Ein Haus mitten in einer Hochrisikozone wiederaufzubauen, ist nicht sinnvoll, auch wenn das für die Betroffenen hart ist.
Besser als eine Versicherungspflicht wäre zweifellos, wenn alle freiwillig vorsorgen würden. Da das aber leider nicht der Fall ist, muss der Staat sich – und damit alle Steuerzahler – davor schützen, immer wieder mit Milliarden einspringen zu müssen. Denn klar ist: Die extremen Wettersituationen nehmen zu. Versicherungen verteilen Risiken auf viele Beteiligte – und sie sind dann am besten, wenn man sie nicht braucht.