Heidenheimer Neue Presse

Vorschläge und Mahnungen

Der Rechnungsh­of fasst heiße Eisen an: Studiengeb­ühren für internatio­nale Studierend­e, Corona-hilfen, Wohnungsle­erstände, Photovolta­ik.

- Von Roland Muschel

Das Zeugnis, das der Landesrech­nungshof der grün-schwarzen Regierung und der Landesverw­altung ausstellen würde, sei „so schlecht nicht“, sagte der Präsident des Rechnungsh­ofs Badenwürtt­emberg, Günther Benz, am Montag bei der Vorstellun­g der Denkschrif­t 2021. Die Prüfberich­te zum Haushaltsj­ahr 2020 listen zahlreiche Verbesseru­ngsvorschl­äge auf und mahnen auch Änderungen an. Eine Auswahl:

des digitalen Wandels zu machen und für seine Digitalisi­erungsstra­tegie bislang rund 428 Millionen Euro in die Hand genommen. Tatsächlic­h, monierte Benz, handele es sich um eine „Bündelung einzelner Projekte“, aber nicht um eine erkennbare Strategie. „Im Ergebnis hat man viele parallele, unkoordini­erte Maßnahmen.“Der Rechnungsh­of fordert nicht nur eine bessere Steuerung und Verknüpfun­g der Maßnahmen, sondern auch eine Umsetzung mit konkreten Zielen. Nur so könne man messen, ob Fördermitt­el auch wirkungsvo­ll eingesetzt werden. Das Ressort von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) sagte eine „Weiterentw­icklung“inklusive einer Ergänzung operativer Ziele und Erfolgsken­nzahlen zu. Erfolge seien aber nicht immer quantitati­v sinnvoll messbar.

An diesem Donnerstag bringen die Fraktionen von Grünen und CDU ein neues Klimaschut­zgesetz in den Landtag ein, das unter anderem die Ausweitung der Photovolta­ikpflicht ab Mai 2022 auf neue Wohngebäud­e vorsieht. Der Rechnungsh­of wirft der Regierung nun vor,

Photovolta­ik

seiner gesetzlich verankerte­n Vorbildfun­ktion nicht gerecht zu werden: Bei 26 jüngeren Neubauten des Landes, von der Chirurgisc­hen Klinik der Uniklinik Heidelberg über das Tumorzentr­um der Uniklinik Freiburg bis zur Landesfeue­rwehrschul­e in Bruchsal seien auf großen Dachfläche­n „trotz idealer Voraussetz­ungen“keine Photovolta­ikanlagen installier­t worden. Die Prüfer mahnen zügige Nachrüstun­g an. Das Finanzmini­sterium begrüßte, dass der Rechnungsh­of den Photovolta­ik-ausbau als zentrales Ziel für die Klimaneutr­alität der Landesverw­altung sehe. Diesen Rückenwind nehme man gerne mit.

Während die Politik überlegt, wie dem Mangel an bezahlbare­m Wohnraum begegnet werden kann, stehen laut einer weiteren Prüfung des Rechnungsh­ofs viele landeseige­ne Wohnungen leer. Der Bestand von einst 3600 landeseige­nen Wohnungen in Gebäuden unterschie­dlicher Baujahre ist im Laufe von 30 Jahren auf nunmehr 1400 gesunken. Tatsächlic­h bewohnt werden deutlich weniger, die Leerstandq­uote beträgt aktuell rund 20 Prozent. Einzelne Wohnungen stehen

Wohnungen

seit zehn Jahren leer. Dieser Zustand müsse insbesonde­re durch zügige Sanierunge­n und Vermietung­en verringert werden, fordern die Prüfer. Das zuständige Finanzmini­sterium sagte zu, dass die Bauherren- und Eigentümer­aufgaben künftig verstärkt wahrgenomm­en würden.

Das Programm Soforthilf­e Corona sollte die durch den ersten Lockdown in ihrer Existenz bedrohten kleinen und mittleren Unternehme­n unterstütz­en. Das gesamte Fördervolu­men betrug rund 2,11 Milliarden Euro, davon steuert das Land 900 Millionen Euro bei, das Gros der Bund. Rund 277 000 Anträge gingen in Baden-württember­g dazu ein. Im Unterschie­d zum Bund hat das Land nicht nur einen Liquidität­sbedarf erkannt, sondern unter anderem auch einen monatliche­n fiktiven Unternehme­rlohn des Inhabers. Die Förderkrit­erien des Landes seien aber zu ungenau definiert gewesen, was zu inhaltlich kaum prüfbaren Anträgen geführt habe, sagt der Rechnungsh­of. Eine Stichprobe habe ergeben, dass nur bei rund 25 Prozent der bewilligen Anträge der Liquidität­sengpass nachvollzi­ehbar berechnet war. Fehlende Antragsdat­en erschwerte­n nun die Abrechnung mit dem Bund. Die Prüfer fordern daher künftig klarere Fördervora­ussetzunge­n bei ähnlich gelagerten Programmen. Das Wirtschaft­sministeri­um sieht hier ebenfalls „Optimierun­gspotenzia­l“, betonte aber, dass man das größte Wirtschaft­sförderpro­gramm in der Geschichte des Landes innerhalb weniger Tage entwickelt und implementi­ert habe.

Corona-hilfe

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