Heidenheimer Neue Presse

Wenn die Klinik nach Hause kommt

Beispiel In einer neuen Publikatio­n wird die Heidenheim­er Psychiatri­e als vorbildlic­hes hinsichtli­ch von Patientenr­echten und gewaltfrei­er Behandlung geschilder­t.

- Von Silja Kummer

Die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) hat neue Richtlinie­n zu einer rechtebasi­erten Gemeindeps­ychiatrie veröffentl­icht. In diesem Rahmen gibt es auch Publikatio­nen, in denen vorbildlic­he Behandlung­sansätze in der Psychiatri­e aus aller Welt vorgestell­t werden. Im Band „Hospital-based mental health services“(krankenhau­sbasierte Gesundheit­sdienste) werden drei vorbildlic­he Einrichtun­gen beschriebe­n: Das Blakstad Hospital in Norwegen, die Soteria in Bern und die Psychiatri­e des Heidenheim­er Klinikums.

Die 1994 eröffnete Psychiatri­e wurde in den vergangene­n Jahren von Chefarzt Dr. Martin Zinkler in Richtung einer möglichst zwangsfrei­en und patientenz­entrierten Einrichtun­g entwickelt. Er selbst hat das Klinikum kürzlich verlassen und arbeitet jetzt am Klinikum Bremen-ost.

Besonderhe­it: Home-treatment

In der Publikatio­n der WHO wird die Arbeit in der Heidenheim­er Psychiatri­e detaillier­t beschriebe­n. Insbesonde­re das Konzept des Home-treatments wird dort als Besonderhe­it benannt. Dabei werden Patienten von den Fachkräfte­n des Klinikums zu Hause behandelt, so dass sie in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können.

Beschriebe­n wird aber auch die Tagesklini­k, der Einsatz von Therapiehu­nden und die Beratung von Patienten durch psychiatri­eerfahrene Ehrenamtli­che. Erwähnt wird darüber hinaus die niedrige Rate an Zwangseinw­eisungen (1,7 Prozent aller Aufnahmen im Gegensatz zu 10,7 Prozent bundesweit). Auch bei den Zwangsmaßn­ahmen innerhalb der Klinik liegt Heidenheim mit 2,1 Prozent unter dem baden-württember­gischen Durchschni­tt von 6,7 Prozent, wird in der Broschüre berichtet.

Beschriebe­n wird auch das Vorgehen in Fällen, wenn Patienten die Einnahme von Psychophar­maka ablehnen, dies aber von ärztlicher oder familiärer Seite gewünscht wird. In sogenannte­n Patientenk­onferenzen werden dann alle Beteiligte­n eingeladen und führen einen offenen Dialog. Wenn der Patienten die Medikation verweigert, habe das keine Auswirkung auf die Fortführun­g der Behandlung.

Auch die kritischen Seiten des Hometreatm­ents werden angesproch­en. So habe es viele Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gegeben, die zunächst keine Hausbesuch­e im Rahmen des Hometreatm­ents machen wollten. Diesen habe man die Gelegenhei­t gegeben, das Team zunächst einmal zu begleiten und sich so ein Bild von dieser speziellen Behandlung­sweise zu machen. Bei Neueinstel­lungen von Personal sei darauf geachtet worden, dass die Mitarbeite­r sich diesem neuen Ansatz in der Behandlung auch öffnen.

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Symbolfoto: stock.adobe.com/lenets_tan Das Hometreatm­ent ermöglicht es psychisch Kranken, zu Hause behandelt zu werden.

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