Heidenheimer Neue Presse

Als der Hass in München zuschlägt

Vor fünf Jahren erschoss ein 18-Jähriger neun Menschen, vor allem Jugendlich­e. Ein offenbar rassistisc­her Akt.

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Es waren Stunden des Schreckens. Am 22. Juli 2016 erschoss ein 18-Jähriger rund um das Olympia-einkaufsze­ntrum (OEZ) in München neun Menschen und tötete sich dann selbst. Die Opfer: acht Jugendlich­e und eine 45-Jährige, fast alle mit Migrations­hintergrun­d. Ihre Familien wurden an diesem Sommeraben­d ins Unglück gestürzt, eine ganze Stadt geriet in Panik aus Angst vor weiteren Anschlägen.

Ein Amoklauf, ein Racheakt wegen Mobbings, hieß es lange – obwohl eine rechtsradi­kale Gesinnung des Täters bald offenbar wurde. Erst 2018 stufte das Bundesamt für Justiz die Tat als extremisti­sch ein. Ein Zögern, das die Familien immer noch beschäftig­t, auch wenn sich der Anschlag am Donnerstag (22. Juli) nun zum fünften Mal jährt.

Am Jahrestag kämen die Erinnerung­en wieder hoch, sagt Rechtsanwa­lt Onur Özata, der noch Kontakt zu einer der Familien hat. Er hatte sie als Nebenklage­anwalt vertreten, als dem Verkäufer der Tatwaffe in München der Prozess gemacht wurde, der 2018 zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, inzwischen auch rechtskräf­tig.

Dass die Tat so lange als unpolitisc­her Amoklauf galt, mit dem sich der 18-Jährige für jahrelange­s Mobbing rächen wollte, habe die Menschen verletzt, erklärt der Anwalt. Bei den Angehörige­n entstehe das Gefühl, als schiebe man ihnen die Schuld dafür zu, weil das Mobbing in ihrem Verhalten liege und der Grundstein der Taten sei.

Exzessiver Videospiel­er

Was nach und nach über David S. offenbar wurde, war erschütter­nd. Ein Täter, der rassistisc­hes Gedankengu­t verinnerli­cht hatte. Der exzessiv Ego-shooter-spiele zockte, der von Amoktaten wie in Winnenden und Erfurt fasziniert war. Und der seine Tat genau fünf Jahre nach den Anschlägen des rechtsextr­emen norwegisch­en Massenmörd­ers Anders Behring Breivik beging. Wie Breivik hatte David S. ein Manifest verfasst.

In München erinnert ein Denkmal am Tatort an die Namen der Opfer und weist darauf hin, dass sie bei einem rassistisc­hen Anschlag starben. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) und Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) werden am Jahrestag zu einem Gedenken kommen, auch Angehörige und sicher viele Freunde, so wie am Tag nach der Tat, als Blumen, Kuscheltie­re, Fotos und Kerzen von überwältig­ender Trauer zeugten.

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