Heidenheimer Neue Presse

Die Angst um das große Riff

Dem Welterbe Great Barrier Reef droht die Zerstörung. In der Kritik steht vor allem die australisc­he Regierung – wegen ihrer Klimasünde­n.

- Von Carola Frentzen

Wer am Great Barrier Reef vor der australisc­hen Nordostküs­te taucht oder schnorchel­t, kann sich der Faszinatio­n dieser einzigarti­gen Unterwasse­rwelt nicht entziehen. Das Riff gilt als eines der atemberaub­endsten Naturwunde­r der Erde. Aber es steht vor dem Kollaps: Drei verheerend­e Korallenbl­eichen innerhalb der vergangene­n fünf Jahre sowie die Industrial­isierung entlang der Küsten haben ihm schwer zugesetzt. Jetzt ist sein Welterbe-status in Gefahr.

Experten warnen, dass die steigenden Wassertemp­eraturen die 25 Millionen Jahre alte Pracht bald gänzlich vernichten könnten. Schon als die erste der drei verheerend­en Korallenbl­eichen eingesetzt hatte, berichtete Terry Hughes vom Institut für Korallenfo­rschung an der James Cook-universitä­t: „Ich habe die Ergebnisse unserer Luftaufnah­men nach einem Überflug meinen Studenten gezeigt. Und dann haben wir geweint.“

Seither ist die Lage eher schlimmer als besser geworden. Deshalb will die Unesco in den nächsten Tagen bei ihrer Sitzung im chinesisch­en Fuzhou entscheide­n, ob das Great Barrier Reef auf die Liste gefährdete­r Naturerbes­tätten gesetzt wird. Die langfristi­gen Aussichten für das Riff, das seit 1981 zum Welterbe gehört, hätten sich von „schlecht“zu „sehr schlecht“entwickelt, so die Un-organisati­on. Das will die Regierung in Australien­s Hauptstadt Canberra zwar weder hören noch öffentlich diskutiert haben, aber die Fakten sprechen für sich.

Und Fakt ist, dass Australien eine der höchsten Co2-emissionsr­aten pro Kopf hat und der größte Kohleexpor­teur der Welt ist. Erst vor wenigen Monaten kündigte der konservati­ve Premier Scott Morrison an, die Gasindustr­ie weiter auszubauen und dafür 58 Millionen australisc­he Dollar (37 Millionen Euro) im Budget zu veranschla­gen. Zudem sollen 600 Millionen australisc­he Dollar (380 Millionen Euro) an Steuergeld­ern in ein neues Gaskraftwe­rk an der Ostküste fließen.

Während sich immer mehr Länder dem Kampf gegen die Erderwärmu­ng verpflicht­en, will Australien also offenbar langfristi­g an fossilen Brennstoff­en festhalten und damit weiter zum Klimawande­l beitragen. Doch viele Korallengä­rten weltweit vertragen keine Erwärmung – besonders, wenn sie so komplex sind wie das Great Barrier Reef.

Zur Erwärmung der Ozeane gesellen sich weitere Probleme: Das Riff befinde sich „in akuter Gefahr, als Industrieg­ebiet und Schiffs-autobahn missbrauch­t zu werden“, warnte der WWF im Januar. „Durch den geplanten Ausbau von Kohlehäfen steigt das Risiko für irreparabl­e Riffschäde­n, für Umweltkata­strophen durch Schiffsung­lücke sowie für Wasservers­chmutzung dramatisch. Das darf nicht passieren.“

Bei der Unesco-entscheidu­ng, die ab Freitag erwartet wird, stehe viel auf dem Spiel, warnte Hughes. Denn wenn das Riff wirklich irgendwann von der Welterbeli­ste gestrichen würde, sei das „sowohl demütigend als auch wirtschaft­lich verheerend“für Australien. Das Riff mit seinen Inseln und Atollen ist eine riesige Touristena­ttraktione­n und somit ein maßgeblich­er Wirtschaft­sfaktor.

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Ausgebleic­hte Korallen am Great Barrier Reef.

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