Liebes Sontheim,
genauer gesagt liebes Sontheim i. St. – was wahrscheinlich „im Stubaital“heißt. Du bist eine schmucke kleine Gemeinde, Teilort des genauso schmucken Steinheim a. A. Über diesen Zusatz bitte keine Witze.
Mit rund 560 Bewohnern zählst Du zu den kleineren Orten im Landkreis, aber Du hast genau in der Mitte ein repräsentatives Gasthaus, gleich mehrere gut sortierte Biobauern mit Verkaufsraum – wer braucht schon Discounter? – und mit dem Meteorkratermuseum etwas weltweit so ziemlich Einzigartiges.
Mit anderen Worten: Du hast keinen Grund, Dein Licht unter den Scheffel zu stellen. Warum aber erfahren Ortsfremde bei der Einfahrt nicht mehr, wie Dein Name ist? Statt des schönen Straßenschildes ein leerer Rahmen, wie traurig.
Da es keinen Grund gibt, den Namen schamvoll zu verschweigen, gehen wir mal davon aus, dass auch Du der seit Jahren in Deutschland grassierenden, bösen Unsitte des Ortsschilderklaus zum Opfer gefallen bist. Davon sind sonst meist Ortschaften mit außergewöhnlichen Namen wie Elend oder Hundeluft in Sachsen, Eiterfeld in Hessen oder die an der Ostsee gelegenen Ortsteile Kalifornien und Brasilien betroffen. Orte wie Petting oder Fucking leiden ebenfalls unter dem Phänomen.
Aber es scheint auch Sontheim-i.st.-fans zu geben. Oder war’s ein Racheakt für das quasi gegenüber liegende Steinheimer Ortsschild, das vor Jahren plötzlich verschwunden war? Ein zweiter Blick auf den leeren Rahmen lässt den Groschen fallen. Baumelt dort doch ein Paar Schuhe. Klarer Fall von Fetischismuswechsel. Dem Kuscheln mit den alten Tretern überdrüssig geworden, hat da einer auf Ortsschilder umgesattelt. Und die nicht mehr benötigten Schuhe gleich dagelassen. Dafür wälzt er sich jetzt mit gestanztem Blech durchs Laken.
Das hast du wirklich nicht verdient, liebes Sontheim i. St. Wir hoffen, Du wirst bald wieder beschildert und haust dem nächsten Dieb ordentlich auf die Finger.
Aber Du liest das ja eh nicht.