Heidenheimer Neue Presse

Streubesit­z benachteil­igt?

- Der Finanzexpe­rte Stefan Rullkötter beantworte­t Leserfrage­n

Der Mehrheitsa­ktionär von RIB Software (ISIN: DE 000 A0Z 2XN 6) hat zwei Mitglieder­n des Vorstands Aktien zum Stückpreis von je 47 Euro abgekauft – gut 70 Prozent über dem zuvor gehandelte­n Kurs. Ein Leser fragt nun, ob das zulässig sei und was die Folgen für den Streubesit­z sind.

Zunächst die Vorgeschic­hte: RIB Software wurde 2020 vom französisc­hen Konzern Schneider Electric übernommen. Der Übernahmep­reis betrug 29 Euro je Aktie. Großaktion­är und Vorstandsc­hef Tom Wolf hatte, ebenso wie Finanzvors­tand Michael Sauer, seine eigenen Anteilssch­eine nicht vollständi­g angedient. Beide waren in der Folge auch weiterhin im Management.

Bei erfolgreic­h abgeschlos­senen Übernahmen gibt es eine Jahresfris­t. Die besagt: Sollte der Käufer innerhalb eines Jahres einem Anleger mehr zahlen, als in dem Deal angekündig­t, muss der höhere Preis auch an diejenigen gezahlt werden, die ihre Aktien bereits angedient hatten. Im Fall von RIB Software ist diese Jahresfris­t gerade abgelaufen. Und Schneider Electric hat die Manager nun mit einem ordentlich­en Aufgeld herausgeka­uft.

Über den Grund lässt sich hier nur spekuliere­n. Es könnte eine Art Bonus dafür gewesen sein, dass der Übergang reibungslo­s gelaufen ist. Zudem hatte RIB eine sehr hohe Dynamik im Auftragsei­ngang, sodass der Wert der Gesellscha­ft heute auch höher sein könnte. Nach dem Zukauf durch die Franzosen dürfte der Streubesit­z unter fünf Prozent gefallen sein. Damit könnte Schneider die verbleiben­den Aktionäre per Squeeze-out aus dem Unternehme­n drängen, müsste ihnen in diesem Fall allerdings ebenfalls ein Angebot unterbreit­en.

Zumindest bei einer gerichtlic­hen Überprüfun­g dürfte der an die Vorstände Wolf und Sauer gezahlte Preis bei den Richtern sicherlich seine Würdigung finden. Insofern könnte der Deal auch Vorteile für die freien Aktionäre haben.

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