Heidenheimer Neue Presse

Keine Milde beim Sparen

Trotz überrasche­nd üppiger Gewinne will der Fahrzeugba­uer die Reduzierun­gen bei Personal beibehalte­n. Probleme mit Bauteilen bleiben bestehen.

- Von Thomas Veitinger

Wenn Unternehme­n vor der angekündig­ten Veröffentl­ichung bereits ihre Ergebnisse bekannt geben, bedeutet dies meist zweierlei: die Werte sind sehr schlecht – oder sehr gut. Bei Daimler ist es Letzteres. Das Unternehme­n hat bereits in der vergangene­n Woche ein um Sondereffe­kte bereinigte­s Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 5,42 Milliarden Euro veröffentl­icht – ein Wert, der weit über den Erwartunge­n der Analysten lag. Die Zahlen sind nicht nur wegen der andauernde­n Corona-krise überrasche­nd. Auch die Lieferengp­ässe von Halbleiter­n scheinen dem Konzern weniger auszumache­n als befürchtet.

Bei der offizielle­n Bekanntgab­e der Halbjahres­zahlen am Mittwoch wurde aber deutlich, dass sich der Bauteile-mangel auf den Absatz auswirken dürfte. Dieser könnte im Gesamtjahr nicht mehr deutlich über dem von 2020 liegen, sondern nur noch auf gleichem Niveau, gab Chef Ola Källenius bekannt. Im dritten Geschäftsq­uartal dürfte sich der Absatz sogar unter dem Wert des Vorjahresz­eitraums befinden. „Wir haben nach wie vor die Herausford­erungen mit Halbleiter­n“, sagte der Vorstandsc­hef. Um die Profitabil­ität des Unternehme­ns sicherzust­ellen, fokussiere sich Daimler deshalb auf Fahrzeuge mit besserer Rendite. Dazu passt, dass Kunden vermehrt auf größere und teurere Autos Wert legen.

Die positiven aktuellen Zahlen zögen sich „wie ein roter Faden“durch sämtliche Bereiche des Unternehme­ns, freute sich Källenius. Selbst bei der Lastwagens­parte wird etwas mehr operativer Gewinn erwartet: Statt der 6 bis 7 Prozent um Sondereffe­kte bereinigte Umsatzrend­ite im Geschäft mit Trucks und Bussen könnten es 6 bis 8 Prozent werden. Im Konzern stieg der Gewinn zwischen April und Ende Juni auf 3,6 Milliarden Euro – vor einem Jahr waren es noch 2 Milliarden Euro Verlust gewesen. Die Abspaltung von Daimler Trucks bis Jahresende liege im Zeitplan.

Trotz der überrasche­nd üppigen Gewinne soll der eingeschla­gene Sparkurs aber nicht abgemilder­t werden, stellte der Daimler-chef klar. Dieser Weg zeigt im Unternehme­n Wirkung, die Ausgaben für Forschung und Entwicklun­g werden erhöht. Källenius will das „schwäbisch­e Gen des Sparens“nicht aufgeben: „Das ist, wie wenn ein Top-athlet sagt, ich trainiere ein bisschen weniger, ich bin ja schon schnell.“Das sei die falsche Mentalität. Die Effizienza­nstrengung müsste besonders in dieser Dekade der Transforma­tion aufrecht erhalten werden und man dürfe sich auch nicht ausruhen, wenn der Zwischensp­urt gut aussehe.

Der Gesamtbetr­iebsratsch­ef des Unternehme­ns Michael Brecht hatte der „Automobilw­oche“gesagt: „Wenn wir volle Auftragsbü­cher haben und die Gewinne

sprudeln, wie soll die Belegschaf­t da Verständni­s haben für Sparmaßnah­men, die über Jahre laufen sollen?“

Für Experte Ferdinand Dudenhöffe­r hat der Abbau Zehntausen­der Stellen das Unternehme­n verschlank­t und signifikan­t Kosten eingespart. Viele Einmalkost­en wie Abfindunge­n steckten schon in der 2020er-bilanz.

Daimler hatte vor rund einem Jahr seinen Sparkurs deutlich verschärft. Berichte von 20 000 oder sogar mehr wegfallend­er Stellen wurden aber nie bestätigt. „Kopfzahlen“würden nicht genannt, bekräftigt­e Källenius nun, die finanziell­en Auswirkung­en seien entscheide­nd. Das Unternehme­n müsse weiter an seiner Effizienz arbeiten, da „erhebliche Milliarden­beträge“für den angepeilte­n Umbau von Verbrennun­gs- hin zu Elektromot­oren nötig seien. Die Digitalisi­erung, Standardis­ierung und Simplifizi­erung seien neben der Elektrifiz­ierung Herkulesau­fgaben, die noch lange nicht bewältigt seien, sagte Finanzvors­tand Harald Wilhelm.

Wie sich der Mangel etwa von Bauteilen weiter auswirke, lasse sich nicht sagen. In Malaysia etwa gebe es derzeit Schwierigk­eiten, die nicht vorauszuse­hen waren. Källenius: „Wir schauen uns die gesamte Lieferkett­e an und überlegen, wie wir uns robuster für die Zukunft aufstellen.“Bisher sei Daimler mit einem blauen Auge davongekom­men.

Kommentar

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Foto: Silas Stein/dpa Die Felge eines Mercedes-benz Vision EQS. Nun kommt die Elektro-s-klasse in die Verkaufsrä­ume.

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