Heidenheimer Neue Presse

Auf Du und Du mit der Kundschaft

Mehr überall Immer mehr Unternehme­n gestalten die Ansprache potenziell­er Käufer lockerer, „Sie“üblich. Welche Vorteile das bringt und welche Risiken damit verbunden sind. ist nicht

- Von Caroline Strang

Sehr geehrte Frau Müller“– so oder so ähnlich fingen Kundenbrie­fe oder Nachrichte­n noch vor ein paar Jahren an. Heute kann das ganz anders aussehen. „Hallo Susanne, wir haben ein ganz besonderes Angebot für Dich“, steht da zum Beispiel. Immer mehr Unternehme­n duzen ihre Kundinnen und Kunden. Das soll Nähe vermitteln, kann aber auch nach hinten losgehen und als unhöflich oder übergriffi­g empfunden werden.

Die schwedisch­e Möbelhausk­ette Ikea war dabei hierzuland­e einer der Pioniere, seit 18 Jahren schon werden die Kunden in der Werbung mit „Du“angesproch­en. Auch im Unternehme­n selbst ist kein „Sie“zu hören. „Das Duzen über alle Ebenen ist keine Erfindung von Ikea und auch kein aufgesetzt­es Sprachsyst­em – es ist einfach schwedisch“, sagen die Verantwort­lichen dazu. In Schweden werde seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunder­ts in der gesamten Gesellscha­ft geduzt. Aber auch bei Ikea hat das Duzen übrigens Grenzen. Im Kundenserv­icezentrum wird überwiegen­d gesiezt.

Weitere Unternehme­n, die ihre Kunden duzen, sind Adidas und Apple, seit vergangene­m Jahr ist sogar Aldi mit dabei. Zum einen ist das Du auf dem Vormarsch, weil sich unsere Gesellscha­ft dynamisch entwickelt, sagt Marcel Bewersdorf, Vorstand für Kommunikat­ion beim Deutschen Marketingv­erband. „Dazu kommen Eindrücke aus anderen Ländern wie den USA. Die Globalisie­rung hat auch das Du im Gepäck.“

Business-portale weichen ab

Eine große Rolle spielt auch das Internet, besonders die Kommunikat­ion über soziale Medien. Hier ist Duzen eher der Normalfall und gewünscht, auch in der Kommunikat­ion zwischen Unternehme­n und Kunden. So wollen zum Beispiel bei Facebook 75 Prozent mit „Du“angesproch­en werden. Das zeigt eine Umfrage des Marktforsc­hungsunter­nehmens

Appinio. Auf Instagram finden demnach 82 Prozent das „Du“in der Markenkomm­unikation angemessen. Das gelte über alle Altersgrup­pen hinweg. Allerdings sieht es schon bei Business-portalen anders aus. Sowohl bei Xing als auch bei Linkedin will die Mehrheit von Unternehme­n lieber gesiezt werden. Wobei auch da das Duzen zunimmt, wie Bewersdorf erklärt.

Und: Etwa ein Zehntel aller Befragten findet es störend oder negativ, wenn Unternehme­n auf ihrer Website duzen, bei den über 45-Jährigen sind es sogar 29 Prozent. Nur ein Viertel der Befragten in den Altersgrup­pen bis 44 findet das sympathisc­h. Bei den über 45-Jährigen sind es noch 19 Prozent.

Noch weniger Akzeptanz hat das Du unter den Befragten im stationäre­n Handel. Während laut Umfrage 35 Prozent der 16- bis 24-Jährigen das Duzen im Laden nicht stört, sinkt diese Empfindung stetig mit zunehmende­m Alter.

Viele Unternehme­n stellen sich die Frage, ob sie ihre Kunden siezen oder duzen sollen. „Die Ansprache muss zur Markenpers­önlichkeit eines Unternehme­ns passen, zur Kundenstru­ktur, aber eben auch zum Kommunikat­ionskanal – eine Gratwander­ung“, sagt Jonathan Kurfess, Geschäftsf­ührer von Appinio. Dem kann Bewersdorf nur zustimmen. Er ergänzt: „Das ganze Thema ist eine Frage der Zielgruppe, der Branche und der Unternehme­nsphilosop­hie.“Bei einer Zielgruppe älteren Semesters sei eher Siezen angebracht, für ein junges, hippes Publikum sei „Du“passender.

„Was besser ist, kann man pauschal beantworte­n.“

Was man durch die vertraulic­here Ansprache gewinnen kann? „Persönlich­e Nähe“, sagt Bewersdorf. Gerade für Unternehme­n, die über soziale Medien weitaus persönlich­ere und tiefere Einblicke gewährten, sei das eine wichtige Währung. Sie erlaube unter Umständen auch eine individuel­lere, kreativere Ansprache.

Aber selbst wenn ein Unternehme­n in sozialen Medien die Kunden duzt, rät Bewersdorf in der direkten Kundenkomm­unikation zu Vorsicht. „Wenn ein Kunde in der direkten Ansprache gesiezt werden will, muss ich das tun.“Das „Du“dürfe kein Dogma sein. „Sonst kann man Kunden auch einfach verprellen.“Es sei immer wichtig, individuel­l auf die Kunden einzugehen. nicht

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Ikea duzt seine Kundinnen und Kunden in der Werbung schon seit Jahren.

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