Auf Du und Du mit der Kundschaft
Mehr überall Immer mehr Unternehmen gestalten die Ansprache potenzieller Käufer lockerer, „Sie“üblich. Welche Vorteile das bringt und welche Risiken damit verbunden sind. ist nicht
Sehr geehrte Frau Müller“– so oder so ähnlich fingen Kundenbriefe oder Nachrichten noch vor ein paar Jahren an. Heute kann das ganz anders aussehen. „Hallo Susanne, wir haben ein ganz besonderes Angebot für Dich“, steht da zum Beispiel. Immer mehr Unternehmen duzen ihre Kundinnen und Kunden. Das soll Nähe vermitteln, kann aber auch nach hinten losgehen und als unhöflich oder übergriffig empfunden werden.
Die schwedische Möbelhauskette Ikea war dabei hierzulande einer der Pioniere, seit 18 Jahren schon werden die Kunden in der Werbung mit „Du“angesprochen. Auch im Unternehmen selbst ist kein „Sie“zu hören. „Das Duzen über alle Ebenen ist keine Erfindung von Ikea und auch kein aufgesetztes Sprachsystem – es ist einfach schwedisch“, sagen die Verantwortlichen dazu. In Schweden werde seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in der gesamten Gesellschaft geduzt. Aber auch bei Ikea hat das Duzen übrigens Grenzen. Im Kundenservicezentrum wird überwiegend gesiezt.
Weitere Unternehmen, die ihre Kunden duzen, sind Adidas und Apple, seit vergangenem Jahr ist sogar Aldi mit dabei. Zum einen ist das Du auf dem Vormarsch, weil sich unsere Gesellschaft dynamisch entwickelt, sagt Marcel Bewersdorf, Vorstand für Kommunikation beim Deutschen Marketingverband. „Dazu kommen Eindrücke aus anderen Ländern wie den USA. Die Globalisierung hat auch das Du im Gepäck.“
Business-portale weichen ab
Eine große Rolle spielt auch das Internet, besonders die Kommunikation über soziale Medien. Hier ist Duzen eher der Normalfall und gewünscht, auch in der Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden. So wollen zum Beispiel bei Facebook 75 Prozent mit „Du“angesprochen werden. Das zeigt eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens
Appinio. Auf Instagram finden demnach 82 Prozent das „Du“in der Markenkommunikation angemessen. Das gelte über alle Altersgruppen hinweg. Allerdings sieht es schon bei Business-portalen anders aus. Sowohl bei Xing als auch bei Linkedin will die Mehrheit von Unternehmen lieber gesiezt werden. Wobei auch da das Duzen zunimmt, wie Bewersdorf erklärt.
Und: Etwa ein Zehntel aller Befragten findet es störend oder negativ, wenn Unternehmen auf ihrer Website duzen, bei den über 45-Jährigen sind es sogar 29 Prozent. Nur ein Viertel der Befragten in den Altersgruppen bis 44 findet das sympathisch. Bei den über 45-Jährigen sind es noch 19 Prozent.
Noch weniger Akzeptanz hat das Du unter den Befragten im stationären Handel. Während laut Umfrage 35 Prozent der 16- bis 24-Jährigen das Duzen im Laden nicht stört, sinkt diese Empfindung stetig mit zunehmendem Alter.
Viele Unternehmen stellen sich die Frage, ob sie ihre Kunden siezen oder duzen sollen. „Die Ansprache muss zur Markenpersönlichkeit eines Unternehmens passen, zur Kundenstruktur, aber eben auch zum Kommunikationskanal – eine Gratwanderung“, sagt Jonathan Kurfess, Geschäftsführer von Appinio. Dem kann Bewersdorf nur zustimmen. Er ergänzt: „Das ganze Thema ist eine Frage der Zielgruppe, der Branche und der Unternehmensphilosophie.“Bei einer Zielgruppe älteren Semesters sei eher Siezen angebracht, für ein junges, hippes Publikum sei „Du“passender.
„Was besser ist, kann man pauschal beantworten.“
Was man durch die vertraulichere Ansprache gewinnen kann? „Persönliche Nähe“, sagt Bewersdorf. Gerade für Unternehmen, die über soziale Medien weitaus persönlichere und tiefere Einblicke gewährten, sei das eine wichtige Währung. Sie erlaube unter Umständen auch eine individuellere, kreativere Ansprache.
Aber selbst wenn ein Unternehmen in sozialen Medien die Kunden duzt, rät Bewersdorf in der direkten Kundenkommunikation zu Vorsicht. „Wenn ein Kunde in der direkten Ansprache gesiezt werden will, muss ich das tun.“Das „Du“dürfe kein Dogma sein. „Sonst kann man Kunden auch einfach verprellen.“Es sei immer wichtig, individuell auf die Kunden einzugehen. nicht