Heidenheimer Neue Presse

Riskantes Spiel

Björn Höcke wird durch das Misstrauen­svotum nicht Ministerpr­äsident in Thüringen werden. Seine Manöver können den anderen Parteien schaden, aber auch der eigenen Partei.

- Von Dominik Guggemos

Björn Höcke will Ministerpr­äsident von Thüringen werden. Dieses Ziel des Afd-rechtsauße­n ist insoweit nicht neu, doch am Freitag gibt es im Erfurter Landtag eine Abstimmung darüber. Höcke weiß, dass er das Konstrukti­ve Misstrauen­svotum gegen Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) verlieren wird – seine Fraktion hat schließlic­h nur 22 Abgeordnet­e, er bräuchte 46 und diese sind nirgends in Sicht. Trotzdem dürfte der Anführer des vom Verfassung­sschutz als rechtsextr­em eingestuft­en „Flügels“das Manöver als Erfolg verbuchen. Denn er macht dem geflügelte­n Wort in Erfurt alle Ehre: „Was macht die AFD? Was den größtmögli­chen Schaden anrichtet.“Und die anderen Parteien lassen ihn gewähren.

In diesem Fall will Höcke den Schaden vor allem bei CDU und FDP anrichten. Zwei bürgerlich­e Parteien, dazu noch Landesverb­ände, die innerhalb der Gesamtpart­ei durch ein konservati­ves Profil auffallen, hätten die Chance, den Ministerpr­äsidenten der Linken abzulösen – und tun das nicht. So sieht Höcke das. Mit derselben Logik machte er schon den Fdp-landeschef Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-ministerpr­äsident – und Thüringen damit zum Epizentrum des politische­n Chaos.

Dieses Chaos war vor einer Woche wieder mal in aller Munde. Höckes Ziel des größtmögli­chen Schadens waren hier Linke, SPD und Grüne. Und er musste dafür nicht einmal einen Finger krumm machen. Die Rot-rotgrüne Minderheit­sregierung wollte eigentlich Neuwahlen, so wurde das schon vor langer Zeit vereinbart. Doch wichtig war den Koalitionä­ren um Ministerpr­äsident Ramelow dabei noch etwas: Dass Neuwahlen auf keinen Fall nur durch Unterstütz­ung der AFD erreicht werden können. Als absehbar war, dass es dafür keine Mehrheit im Landtag geben würde, wurde der Antrag zurückgezo­gen.

Jetzt das Misstrauen­svotum gegen Ramelow. „Mit seiner Kandidatur versucht Björn Höcke einmal mehr, dieses Parlament verächtlic­h zu machen“, sagt Cdu-fraktionsc­hef Mario Voigt. „Deshalb werden wir uns auf die durchschau­baren Spiele der AFD nicht einlassen.“Voigts Lösung: Die Cdu-fraktion verweigert die Stimmabgab­e. Damit kann ihr, so das Kalkül, niemand vorwerfen, für Höcke gestimmt zu haben, falls dieser mehr Stimmen bekommt, als seine Fraktion hat.

Der Rot-rot-grünen Minderheit­sregierung reicht das nicht. „Ganz schlechte Idee. Warum stimmt sie nicht mit Nein?“, fragt der Spd-landesvors­itzende und Innenminis­ter Georg Maier. Und Astrid Rothe-beinlich vom Grünen-koalitions­partner stichelt: „Traut die Cdu-fraktion den eigenen Leuten nicht?“Vorwürfe, denen sich die FDP nicht aussetzen lassen will. Kemmerich: „Wir werden Herrn Höcke definitiv nicht wählen.“Höckes Manöver haben ihren Preis. In den drei Landtagswa­hlen in diesem Jahr – Baden-württember­g, Rheinland-pfalz und Sachsen-anhalt – hat die AFD massive Verluste kassiert, und zwar vor allem ins Lager der Nichtwähle­r. Einige Analysten und auch Teile der AFD führen das darauf zurück, dass die

Partei keinerlei Perspektiv­e auf eine Regierungs­beteiligun­g anbieten kann – und damit auf reelle Veränderun­g der Lebensreal­ität dieser (Nicht-)wähler. Kritiker bemängeln, durch die Fundamenta­loppositio­n des „Flügels“sei die AFD davon weiter entfernt als je zuvor. Höcke will mit seinen Manövern wohl auch dieses

Klientel erreichen, zeigen, dass die AFD ohne Regierungs­beteiligun­g „wirkt“.

Die Strategie von Co-parteichef Jörg Meuthen ist eine ganz andere. Er vertritt den im Vergleich gemäßigten Parteiflüg­el und arbeitet darauf hin, dass die AFD in nicht allzu ferner Zukunft Regierungs­verantwort­ung übernehmen könnte. Vorbild: die österreich­ische FPÖ.

Klar ist aber: Das wird ohne die CDU als Partner nicht gehen. Die Union anzugreife­n, sie unter Druck zu setzen und inhaltlich-ideologisc­h näher zur AFD zu bringen, entspricht dieser Strategie. Die CDU in Thüringen, die den skandalträ­chtigen Ex-verfassung­sschutzche­f Hans-georg Maaßen als Direktkand­idaten für die Bundestags­wahl nominiert hat, ist ironischer­weise im Sinne des Meuthen-lagers.

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Björn Höcke, Afd-fraktionsc­hef, im Plenarsaal des Thüringer Landtags.

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