Schlechte Stimmung in Kiew
Das Abkommen zwischen den USA und Deutschland wird in östlichen Ländern vor allem kritisch gesehen.
Polen und die Ukraine wollen mit ihren Verbündeten weiter daran arbeiten, die Eröffnung der russisch-deutschen Ostseepipeline Nord Stream 2 zu verhindern. Das erklärten die Außenminister Dmytro Kuleba und Zbigniew Rau am Mittwochabend gemeinsam zu der deutsch-amerikanischen Übereinkunft, grünes Licht für die Vollendung von Nord Stream 2 zu geben. „Diese Entscheidung hat zusätzliche politische, militärische und energiewirtschaftliche Drohungen für die Ukraine und Mitteleuropa insgesamt geschaffen.“Gleichzeitig vergrößere sie die Möglichkeiten Russlands, Widersprüche zwischen den Staaten der EU und der Nato zu vertiefen.
Vorher hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erst mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin telefoniert. Dann veröffentlichten das US- und das Bundesaußenministerium ihr Nord-stream-2-abkommen. Es sieht vor, die Ukraine beim Umstieg auf grüne Energien mit einer Milliarde Dollar zu unterstützen, Berlin zahlt 175 Millionen als Startkapital. Außerdem verpflichtet sich die deutsche Seite, Kiew zu helfen, die bis 2024 geltenden Verträge für russisches Gas durch das ukrainische Pipelinesystem auf weitere zehn Jahre zu verlängern. Und die deutsche Seite verspricht Sanktionen gegen Russland, wenn es Rohstoffexporte als politisches Druckmittel einsetzt oder neue Aggressionen gegen die Ukraine startet.
Kriegerische Schläge
Trotzdem herrscht in der Ukraine Enttäuschung. In Kiew fürchtet man, dass Russland sein erklärtes Ziel verwirklicht und die jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas, die es jetzt durch die Ukraine nach Westeuropa befördert, künftig durch Nord Stream 2 pumpt. Und dass es, sobald es die ukrainischen Rohrleitungen nicht mehr benötigt, neue kriegerische Schläge gegen „Antirussland“führt, wie Putin die Ukraine kürzlich genannt hat.
Der Kiewer Politologe Wadim Karassjew meint, es hätte noch schlimmer kommen können. „Im Fall einer Aggression wird Deutschland Sanktionen gegen den Import russischer Rohstoffe erlassen.“Das könnte Putin je nach Situation schon aufhalten.
Im Kreml hatte man sich nach Merkels Telefonanruf noch „befriedigt“über die bevorstehende Vollendung von Nord Stream 2 geäußert. Später zeigte sich Putin-sprecher Dmitri Peskow aber irritiert über das Us-deutsche Vorhaben, Transferverträge zwischen Russland und der Ukraine verlängern zu wollen. Man sei bereit, eine Verlängerung zu verhandeln, allerdings ausschließlich unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität.