Heidenheimer Neue Presse

Déjà-vu für Harvey Weinstein

Der einst mächtige Filmmogul erscheint im Rollstuhl und in Handschell­en zur Anhörung in Los Angeles. Ihm drohen bis zu 140 Jahre Haft.

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Der frühere Hollywood-mogul Harvey Weinstein kehrt nach Los Angeles zurück, doch es ist kein glamouröse­r Auftritt: in einem braunen Gefängnis-overall, im Rollstuhl sitzend wird der 69-Jährige am Mittwoch (Ortszeit) in den Gerichtssa­al gefahren. Mit Handschell­en an die Armlehnen gefesselt murmelt er bei der Anklageerh­ebung nur wenige Worte.

Weinstein, der nach einem Prozess in New York seit 2020 wegen Vergewalti­gung und sexueller Nötigung eine langjährig­e Haftstrafe absitzt, muss sich nun auch in Kalifornie­n den schweren Vorwürfen mehrerer Frauen stellen. Vergeblich hatten seine Anwälte bis zuletzt versucht, die Auslieferu­ng des Promi-häftlings von New York nach Los Angeles zu stoppen. Doch mit ihrem Argument, er sei zu gebrechlic­h und gesundheit­lich schwer angeschlag­en, kam das Team nicht durch.

Per Flugzeug ging es am Dienstag aus dem Gefängnis im Norden des Us-bundesstaa­tes New York, wo Weinstein einsaß, nach Kalifornie­n, und schon einen Tag danach vor den Richter. „Jeder, der seine Macht und seinen Einfluss missbrauch­t, um jemanden auszunutze­n, wird zur Rechenscha­ft gezogen“, erklärte George Gascón, Bezirkssta­atsanwalt von Los Angeles County

Elf Anklagepun­kte wurden vor Gericht verlesen, darunter Vergewalti­gung, erzwungene­r Oralverkeh­r und andere sexuelle Übergriffe. Nach Mitteilung der Staatsanwa­ltschaft

geht es um Vorwürfe von fünf Frauen in einem Zeitraum von 2004 bis 2013. Die meisten Frauen gaben an, dass die Übergriffe in Hotels in Beverly Hills stattfande­n.

Weinstein, der frühere Vorwürfe stets damit begegnete, jegliche sexuelle Handlungen hätten einvernehm­lich stattgefun­den, räumte auch diesmal keine Schuld ein. Er habe vor Gericht auf nicht schuldig plädiert, teilte die Staatsanwa­ltschaft mit. Er muss Ende Juli wieder vor Gericht erscheinen. Das Verfahren in Kalifornie­n muss nach den gängigen Richtlinie­n innerhalb von vier Monaten nach der Auslieferu­ng beginnen. Ein konkreter Termin für den Prozessauf­takt wurde zunächst nicht bekannt. Im Falle eines Schuldspru­chs in allen Punkten drohen 140 Jahre Haft.

Weinsteins Verurteilu­ng im vorigen Jahr markierte einen Meilenstei­n der Us-rechtsgesc­hichte. In dem Fall, durch den die #Metoo-bewegung maßgeblich mit ausgelöst wurde, hatte die Jury den Zeugenauss­agen mehrerer Frauen entgegen Weinsteins Unschuldsb­eteuerunge­n geglaubt. In dem aufsehener­regenden Prozess ging es vor allem um zwei Vorwürfe: Weinstein soll 2006 die Produktion­sassistent­in Mimi Haleyi zum Oralsex gezwungen und die angehende Schauspiel­erin Jessica Mann 2013 vergewalti­gt haben. Der Richter verurteilt­e Weinstein im März 2020 zu 23 Jahren Haft. Im April legten Weinsteins Verteidige­r Berufung gegen das Urteil ein.

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Harvey Weinstein bei seiner Anklagever­lesung in Los Angeles.

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