Heidenheimer Neue Presse

Letzte Chance nicht genutzt

Die Liste der Anklagepun­kte gegen einen 25-jährigen Mann war lang und reichte von Diebstahl über Beleidigun­g bis zu Bedrohung mit einem Messer. Jetzt muss er zwei Jahre ins Gefängnis.

- Von Brigitte

Diebstahl, Beleidigun­g, Bedrohunge­n mit einem Messer – die Liste der Vergehen des jungen Mannes auf der Anklageban­k des Heidenheim­er Amtsgerich­ts ist lang. Und er muss sich hier auch nicht zum ersten Mal verantwort­en, schon mehrfach wurde er verurteilt.

Dennoch lief sein Leben nach dem gleichen Muster weiter. Dabei spielen Drogen und Alkohol eine große Rolle. Der 25-jährige bezeichnet sich selbst als süchtig. Er klaue, um die Sucht zu finanziere­n, durch Cannabis und Alkohol werde er aggressiv.

Der junge Iraker, der aus der Haft vorgeführt wird, tritt zunächst sehr selbstbewu­sst auf. Einer Zeugin, und selbst Richter Dr. Christoph Edler, fällt er laufend ins Wort. Am Ende der Verhandlun­g ist davon nichts mehr übrig. Der Angeklagte bittet unter Tränen um eine letzte Chance, um einer Haftstrafe zu entgehen. Doch die hatte ihm Edler schon bei der vorangegan­genen Verhandlun­g eingeräumt, wie er in der Urteilsbeg­ründung ausführt.

Auf dem Heidenheim­er Polizeirev­ier ist der Angeklagte seit Jahren bekannt. Immer wieder seien sie zu Vorfällen gerufen worden, in die er verwickelt gewesen sei, berichten als Zeugen geladene Beamtinnen und Beamte. Er sei auch bekannt dafür, ohne Anlass immer wieder ausfällig gegenüber Polizeibea­mten zu werden.

Der Polizei bestens bekannt

So auch am Abend des Finales der Fußball-europameis­terschaft im vergangene­n Sommer, als italienisc­he Fans in der Stadt feierten. Der 25-Jährige beleidigte Polizeibea­mte, die die Straßen sicherten, mit deftigen Ausdrücken und ausgestrec­ktem Mittelfing­er. Doch das sowie der Diebstahl von Parfums waren die geringsten Vorwürfe gegen den Angeklagte­n.

Wesentlich schwerer wog ein Vorfall, der sich an einem Abend im August vergangene­n Jahres vor einer Bar in der Innenstadt abspielte. Per Notruf wurde der Polizei ein Streit gemeldet, wobei ein Mann ein Messer in der Hand gehalten habe. Zeugen vor Ort identifizi­erten den Angeklagte­n. Gegen die Durchsuchu­ng seiner Taschen wehrte er sich und trat gegen das Bein einer Beamtin. Edler bewertet das nicht nur als Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte, sondern auch als Körperverl­etzung.

Zeuge hat Angst

Vor Gericht tritt nun ein 44-jähriger Mann als Zeuge auf. Er hatte die Polizei alarmiert, als die Streitigke­iten eskalierte­n und er auch selbst angegangen wurde. Daraufhin hätten ihn der Angeklagte und dessen Freunde beschimpft und bedroht.

Das verunsiche­rte den Mann offensicht­lich stark. Seine Aussage bei der Polizei liege vor, und zum Eigenschut­z werde er mehr nicht sagen. Als Zeuge sei er dazu verpflicht­et, erklärte ihm Edler. Er müsse sonst ein Ordnungsge­ld verhängen, und die Verpflicht­ung zur Aussage bleibe dennoch bestehen.

In einer Verhandlun­gspause lässt sich der 44-Jährige dann überzeugen. Der Angeklagte erklärt, er verstehe gar nicht, weshalb der Mann Angst vor ihm habe: „Ich mach’ dir nichts, ich schwöre“, beteuerte er.

Beschimpft und beleidigt

Doch auch die Hausdetekt­ivin eines Drogeriema­rkts gibt an, Angst vor dem Angeklagte­n zu haben. Sie hatte mehrfach mit ihm wegen des Diebstahls teurer Herrenparf­um-testflakon­s

und der Missachtun­g eines Hausverbot­s zu tun. Mehrmals, sagt sie, habe er sie auf dem Weg zur Arbeit lautstark beschimpft und beleidigt.

In der Verhandlun­g geht es auch um einen Vorfall in den Schloss-arkaden vom September vergangene­n Jahres, bei dem der Angeklagte ebenfalls ein Messer zückte und einen Mann bedrohte. Vorausgega­ngen war ein Streit unter mehreren Personen, die ein Polizist, der privat unterwegs war, beobachtet­e. Als der Angeklagte zunehmend aggressiv agierte, ein Cuttermess­er aus der Hosentasch­e zog und Stichbeweg­ungen ausführte, alarmierte der Beamte seine Kollegen. Gemeinsam stellten sie den 25-Jährigen beim Versuch zu flüchten. Dabei drohte er dem Zeugen: „Ich merk‘ mir dein Gesicht, wir werden uns sehen.“

Sucht bestimmt das Leben

In allen Fällen berichtete­n die Beamten, dass der Angeklagte den Eindruck gemacht habe, unter Drogen zu stehen, aber ansprechba­r zu sein. Die Sucht bestimmt wohl seit Langem das Leben des Irakers, der mit 17 Jahren allein aus seinem Heimatland flüchtete. In Heidenheim hatte er zunächst einen guten Start und lernte in zwei Jahren allein durch den Schulbesuc­h sehr gut Deutsch.

Sein Hauptschul­abschluss scheiterte jedoch, wie er selbst angibt, „am Kiffen“. Ein Praktikum bei einer Firma war bereits nach Kurzem wieder beendet, eine Drogenther­apie ebenso.

Obwohl auf Antrag von Verteidige­r Alexander Schneider seinem Mandanten nicht alle der zahlreiche­n Straftaten angelastet werden, hält Edler eine Verurteilu­ng zu einem Jahr und zwei Monaten für tat- und schuldange­messen. Staatsanwä­ltin Tamara Vogt hatte ein Jahr und sechs Monate gefordert. Eine zehnmonati­ge Bewährungs­strafe eingerechn­et, muss der 25-Jährige jetzt für zwei Jahre ins Gefängnis.

 ?? Foto: stock.adobe.com/guruxox ?? Vor allem die Sucht nach Cannabis hat das Leben eines jungen Mannes komplett aus der Bahn geworfen. Mehrfach stand er wegen verschiede­ner Delikte vor Gericht. Diesmal reichte es nicht mehr für eine Bewährungs­strafe.
Foto: stock.adobe.com/guruxox Vor allem die Sucht nach Cannabis hat das Leben eines jungen Mannes komplett aus der Bahn geworfen. Mehrfach stand er wegen verschiede­ner Delikte vor Gericht. Diesmal reichte es nicht mehr für eine Bewährungs­strafe.

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