Hessische Heldenreise
Eintracht Frankfurt hat Fußball-geschichte geschrieben. Der Triumph zeigt, was mit Teamgeist, Talent, unbändigem Willen und einer Portion Spielglück möglich ist.
Auf den Triumph in der Hitzeschlacht von Sevilla folgte die triumphale Rückkehr. Rund 100 000 Fans haben am Donnerstagabend die Eintracht nach dem Gewinn der Europa League im heimischen Frankfurt empfangen. Um 17.20 Uhr landete der Flieger aus Sevilla mit den Europacup-helden an Bord auf dem Rhein-main-airport. Der anschließende Autokorso vom Flughafen in die Innenstadt zum Römer, auf dem sich die Mannschaft ihren Fans zeigte, dauerte mehr als drei Stunden.
20 Stunden zuvor hatte der Fußball-bundesligist Geschichte geschrieben. Das 5:4 im Elfmeterschießen gegen die Glasgow Rangers ließ nicht nur im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán die Emotionen explodieren. Auch im und rund um das Frankfurter Waldstadion, wo knapp 60 000 Fans das Finale beim Public Viewing verfolgten, brachen alle Dämme. Menschen schrien, hüpften und weinten vor Freude, fielen sich um den Hals. Andere wiederum schienen wie festgefroren zu sein, konnten das soeben Erlebte offenbar gar nicht fassen. Zehntausende Menschen feierten ausgelassen auf den Straßen Frankfurts.
Die Feier-bilder aus Sevilla und Frankfurt machten am Donnerstag die Runde, wurden auch via Sozialer Medien tausendfach verbreitet. Und machten klar: Der Erfolg dieser Eintracht ist ein Gemeinschaftswerk. Spieler und Fans hatten sich auch im Finale zu Höchstleistungen angetrieben. „Wir sind alle Helden. Ohne die Zuschauer hätten wir es nicht geschafft. Wir alle sind das“, sagte ein völlig euphorisierter Eintracht-keeper Kevin Trapp nach dem Abpfiff in ein Rtl-mikrofon. Dabei schaute der Nationaltorhüter mit glänzenden Augen in die Kurve zu den Anhängern, die auch dieses Endspiel zu einem Spektakel werden ließen.
Eintracht Frankfurt ist der erste deutsche Europapokal-sieger in diesem Jahrtausend, der nicht Bayern München heißt. Als Schalke 04 vor 25 Jahren den Vorgänger-wettbewerb – den Uefa-pokal – gewann, war Eintracht-rechtsaußen Ansgar Knauff noch nicht geboren. Die Frankfurter feierten ihren ersten internationalen Titelgewinn seit 42 Jahren. 1980 stemmte die kürzlich verstorbene Eintracht-legende Jürgen Grabowski den Uefa-pokal in den Himmel. Der Bundeskanzler hieß Helmut Schmidt, Trainer Oliver Glasner war seinerzeit erst fünf.
Glasner sagte nach dem Finale: „Mir fehlen die Worte. Jetzt feiern wir ein paar Tage.“Der 47-jährige Österreicher hat in Frankfurt eine verschworene Einheit
geformt, in der sich niemand hängen lässt. Siehe Makoto Hasebe und Christopher Lenz. Die Defensivspieler kamen zuvor nur selten zum Einsatz. In der Endphase des Endspiels aber schickte sie Glasner plötzlich aufs Feld. Hasebe und Lenz spielten stark. Lenz trat sogar im Elfmeterschießen an, verwandelte sicher.
Mit Teamgeist, Talent, unbändigem Willen und einer Portion Spielglück hat sich die Eintracht, die in diesem Jahr in der Bundesliga nicht über Platz elf hinauskam, die europäische Fußball-krone aufgesetzt. Die hessische Heldenreise ist in Sevilla märchenhaft zu Ende gegangen. Und Präsident Fischer kündigte freudetrunken an: „Wir bringen den Pokal dahin, wo er hingehört: in unsere Stadt!“