Heidenheimer Neue Presse

Hessische Heldenreis­e

Eintracht Frankfurt hat Fußball-geschichte geschriebe­n. Der Triumph zeigt, was mit Teamgeist, Talent, unbändigem Willen und einer Portion Spielglück möglich ist.

- Von Carsten Muth

Auf den Triumph in der Hitzeschla­cht von Sevilla folgte die triumphale Rückkehr. Rund 100 000 Fans haben am Donnerstag­abend die Eintracht nach dem Gewinn der Europa League im heimischen Frankfurt empfangen. Um 17.20 Uhr landete der Flieger aus Sevilla mit den Europacup-helden an Bord auf dem Rhein-main-airport. Der anschließe­nde Autokorso vom Flughafen in die Innenstadt zum Römer, auf dem sich die Mannschaft ihren Fans zeigte, dauerte mehr als drei Stunden.

20 Stunden zuvor hatte der Fußball-bundesligi­st Geschichte geschriebe­n. Das 5:4 im Elfmetersc­hießen gegen die Glasgow Rangers ließ nicht nur im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán die Emotionen explodiere­n. Auch im und rund um das Frankfurte­r Waldstadio­n, wo knapp 60 000 Fans das Finale beim Public Viewing verfolgten, brachen alle Dämme. Menschen schrien, hüpften und weinten vor Freude, fielen sich um den Hals. Andere wiederum schienen wie festgefror­en zu sein, konnten das soeben Erlebte offenbar gar nicht fassen. Zehntausen­de Menschen feierten ausgelasse­n auf den Straßen Frankfurts.

Die Feier-bilder aus Sevilla und Frankfurt machten am Donnerstag die Runde, wurden auch via Sozialer Medien tausendfac­h verbreitet. Und machten klar: Der Erfolg dieser Eintracht ist ein Gemeinscha­ftswerk. Spieler und Fans hatten sich auch im Finale zu Höchstleis­tungen angetriebe­n. „Wir sind alle Helden. Ohne die Zuschauer hätten wir es nicht geschafft. Wir alle sind das“, sagte ein völlig euphorisie­rter Eintracht-keeper Kevin Trapp nach dem Abpfiff in ein Rtl-mikrofon. Dabei schaute der Nationalto­rhüter mit glänzenden Augen in die Kurve zu den Anhängern, die auch dieses Endspiel zu einem Spektakel werden ließen.

Eintracht Frankfurt ist der erste deutsche Europapoka­l-sieger in diesem Jahrtausen­d, der nicht Bayern München heißt. Als Schalke 04 vor 25 Jahren den Vorgänger-wettbewerb – den Uefa-pokal – gewann, war Eintracht-rechtsauße­n Ansgar Knauff noch nicht geboren. Die Frankfurte­r feierten ihren ersten internatio­nalen Titelgewin­n seit 42 Jahren. 1980 stemmte die kürzlich verstorben­e Eintracht-legende Jürgen Grabowski den Uefa-pokal in den Himmel. Der Bundeskanz­ler hieß Helmut Schmidt, Trainer Oliver Glasner war seinerzeit erst fünf.

Glasner sagte nach dem Finale: „Mir fehlen die Worte. Jetzt feiern wir ein paar Tage.“Der 47-jährige Österreich­er hat in Frankfurt eine verschwore­ne Einheit

geformt, in der sich niemand hängen lässt. Siehe Makoto Hasebe und Christophe­r Lenz. Die Defensivsp­ieler kamen zuvor nur selten zum Einsatz. In der Endphase des Endspiels aber schickte sie Glasner plötzlich aufs Feld. Hasebe und Lenz spielten stark. Lenz trat sogar im Elfmetersc­hießen an, verwandelt­e sicher.

Mit Teamgeist, Talent, unbändigem Willen und einer Portion Spielglück hat sich die Eintracht, die in diesem Jahr in der Bundesliga nicht über Platz elf hinauskam, die europäisch­e Fußball-krone aufgesetzt. Die hessische Heldenreis­e ist in Sevilla märchenhaf­t zu Ende gegangen. Und Präsident Fischer kündigte freudetrun­ken an: „Wir bringen den Pokal dahin, wo er hingehört: in unsere Stadt!“

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Spieler, Trainer und Betreuer der Frankfurte­r Eintracht feiern den Europapoka­l-gewinn.
Foto: Javier Soriano/afp Völlig losgelöst: Spieler, Trainer und Betreuer der Frankfurte­r Eintracht feiern den Europapoka­l-gewinn.

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