Wird Handy-surfen billiger?
Was nach dem Aus von Streamon und Pass von Telekom und Vodafone passiert: Gibt es bald eine bezahlbare und schnelle Flatrate für unterwegs?
Manchmal blickt das Ausland ja neidisch auf Deutschland. Etwa bei der Vielfalt der Brot- und Wurstsorten und der fehlenden Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen. Bei einem Thema allerdings bekommen die Deutschen große Augen: Handy-tarife. Seit vielen Jahren können sich zum Beispiel Skandinavier mit großzügigen Datenkontingenten ausgiebig im Internet tummeln – und das für einen Bruchteil von dem, was hierzulande verlangt wird.
Ein Ausweg für Deutsche sind sogenannte kostenlose Nulltarif-optionen, bei denen bestimmte Dienste und Anwendungen wie Videos, Musik oder Spiele nicht auf das monatliche Datenvolumen von Verträgen angerechnet werden oder schon enthalten sind – eine Flatrate im Kleinen. Unterwegs ohne schlechtes Gewissen Youtube schauen, ist beliebt: Die Telekom hat 4 Millionen Nutzer. Jetzt wurde das Angebot verboten.
Von Juli an dürfen die Deutsche Telekom und Vodafone die Tarife „Telekom Streamon“und „Vodafone Pass“nicht mehr verkaufen, hat die Bundesnetzagentur entschieden. Bestehende Verträge müssen bis spätestens Ende März 2023 abgewickelt werden. Hauptgrund ist die fehlende Netzneutralität: Bestimmte Dienste und Anwendungen werden durch die Nichtanrechnung auf das Datenvolumen bevorzugt. Dies hat auch der Europäische Gerichtshof im September so gesehen.
Noch wirbt die Telekom aber auf ihrer Internetseite für „Partner-dienste für Musik-streaming, Video-streaming, Gaming und Social&chat“. Insgesamt sollen es nahezu 500 Anbieter sein. Darunter sind Schwergewichte wie Netflix, Youtube, Spotify, Whatsapp, Twitch und Tiktok.
Bereits im Jahr 2017 kritisierte der damalige Präsident der Bundesnetzagentur Jochen Homann das Drosseln der Geschwindigkeit für diese Dienste: „Das Gleichbehandlungsgebot ist ein Eckpfeiler der europäischen Regelungen zur Netzneutralität“, sagte Homann.
Die Diskussion um die Benachteiligung kleinerer Unternehmen und nicht-kommerzieller Initiativen und die Behinderung technischer Innovationen riss seitdem nicht ab. Profitieren würden vor allem große Dienste wie Facebook, sagte der Netzaktivist Thomas Lohninger den Spezialisten von teltarif.de.
Die beiden Internet-anbieter mussten Änderungen vornehmen. „Vodafone und Telekom haben gehofft, sich durchzumogeln“, sagt Henning Gajek von teltarif. de. „Es ist neu, dass die Bundesnetzagentur so durchgreift.“An der Spitze steht seit März der ehemalige oberste Verbraucherschützer Klaus Müller. Die Telekom
schreibt auf Anfrage: „Wir bedauern das Einstellen des Zero-rating-angebots.“
Auch die Experten von „heise online“erkennen in Streamon und Pass nur auf den ersten Blick Vorteile für den Kunden. Die im Vergleich zu anderen Ländern hohen Vertragspreise machten diese wieder wett. Müller geht davon aus, dass das Verbot dieser Angebote eine positive Auswirkung auf den deutschen Mobilfunkmarkt haben werde. „Wir erwarten, dass die Anbieter nun Tarife mit höheren Datenvolumina oder günstigere Mobilfunk-flatratetarife anbieten. Verbraucherinnen und Verbraucher werden davon profitieren.“
Während im Festnetz Flatrates bereits seit längerer Zeit weit verbreitet sind, ist dies im Mobilfunk bisher noch nicht der Fall. Die billigste Flatrate in Deutschland gibt es bei O2 monatlich für 30 Euro, allerdings mit stark reduzierter Geschwindigkeit von maximal 2 Megabit pro Sekunde. Bei Telekom beginnt es bei 85 Euro, bei Vodafone sind 80 Euro fällig.
Telekom arbeitet nach dem Aus für Streamon bereits an einem neuen Tarif. Maßnahmen seien in Vorbereitung, heißt es von den Bonnern. „Auf einer Pressekonferenz wurde mir das bestätigt“, sagt auch teltarif-experte Gajek. „Bis diese öffentlich werden, würde ich mit Alternativen zu Streamon abwarten.“
Bisher profitieren vor allem große Dienste.