Die AFD steht vor Gericht
Ist die Partei ein rechtsextremistischer Verdachtsfall? Darüber wird diese Woche in Münster entschieden.
Das Oberverwaltungsgericht Münster wird in dieser Woche womöglich die Einstufung der AFD als rechtsextremistischer Verdachtsfall bestätigen. Am Dienstag beginnt die Verhandlung, spätestens am Mittwoch soll das Urteil verkündet werden.
Das Verfahren ist von großer politischer Brisanz, weil die AFD derzeit mit 18 Prozent der Wählerstimmen rechnen könnte, wenn Bundestagswahl wäre. Die AFD steht damit besser da als die Regierungsparteien SPD und Grüne, die laut Forschungsgruppe Wahlen bei je 15 Prozent liegen, für die FDP werden sogar nur 4 Prozent prognostiziert.
Die AFD wurde erst 2013 als Eu-skeptische Partei gegründet und hat sich seitdem radikalisiert. Mehrere Afd-vorsitzende – Bernd Lucke, Frauke Petry und zuletzt Bernd Meuthen – traten daher aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AFD 2021 als Verdachtsfall einer verfassungsfeindlichen Bestrebung eingestuft.
Im April 2022 hat das Verwaltungsgericht Köln die Einstufung als Verdachtsfall bestätigt. Die Kölner Richter machten klar, dass hierfür bereits Indizien genügen. Es sei nicht erforderlich, dass sich die Extremisten in der Partei bereits durchgesetzt haben. Schon ein uneinheitliches Bild rechtfertige die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, um die weitere Entwicklung festzustellen.
Beispiele für extreme Haltung
Als verfassungsfeindlich werteten die Kölner Richter den von der AFD vertretenen ethnischen Volksbegriff, wonach ein richtiger Deutscher von deutschen Vorfahren abstammen muss. Eingebürgerte Deutsche werden von der AFD zumindest politisch als Staatsbürger zweiter Klasse angesehen, die zum Volk nicht wirklich dazugehören. „Kater, die in einem Pferdestall zur Welt kommen, sind Kater und keine Pferde“, hieß es etwa in einem Beitrag der AFD Stuttgart. Andere
Afdler warnen vor einem „Volkstod“durch Überfremdung.
Das Verwaltungsgericht Köln stellte vor allem auf den Einfluss der besonders radikalen Afd-jugendorganisation Junge Alternative (JA) ab sowie auf die Mitglieder des ehemaligen „Flügels“um den Thüringer Afd-chef Björn Höcke. Der Flügel wurde zwar im April 2020 aufgelöst, die Vordenker seien jedoch weiter in der AFD aktiv. Aber auch jenseits von JA und „Flügel“fand der Verfassungsschutz viele verfassungsfeindliche Aussagen. Das Kölner Urteil listet auf 108 Seiten unzählige Zitate auf.
Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln ging die AFD in Berufung. Nun muss in zweiter Instanz das OVG Münster entscheiden. Rechtlich maßgeblich ist für die Einstufung die Lage heute. Die Einstufung der AFD als Verdachtsfall ermöglicht unter anderem die Überwachung der AFD mit nachrichtendienstlichen Mitteln, insbesondere mit Spitzeln.