Heidenheimer Neue Presse

Verkaufsko­nzept aus vergangene­n Tagen

Neue Zahlen zeigen: Der Umsatz von Kaufhäuser­n ist seit 2003 um ein Drittel zurückgega­ngen.

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Kleidung, Schuhe, Taschen, Uhren – bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) purzeln die Prozente. In den Filialen, in Prospekten und im Netz bewirbt die insolvente Warenhausk­ette ihre Frühlingsa­ngebote – so wie es die meisten anderen Filialiste­n auch tun. So als wäre nichts gewesen. Dabei tickt die Uhr. In gut zwei Wochen dürfte zumindest die Tendenz feststehen – nämlich, ob Galeria eine Zukunft hat oder die Unternehme­nsgeschich­te mehr als 140 Jahre nach der Gründung womöglich endet.

Dem Statistisc­hen Bundesamt zufolge ist der Umsatz von Kaufhäuser­n in Deutschlan­d seit 2003 inflations­bereinigt um 35 Prozent gesunken. Die Frage, die sich davon ableitet, ist nicht neu, für Kaufintere­ssenten aber entscheide­nd: Braucht es im Jahr 2024 überhaupt noch Kaufhäuser?

Aus Sicht von Johannes Berentzen, dem Geschäftsf­ührer der Handelsber­atung BBE, steckt nicht das Kaufhaus insgesamt in der Krise. „Das Geschäftsm­odell ist nicht grundsätzl­ich aus der Zeit gefallen, sondern die Art und Weise, wie Galeria es betreibt. Kleinere inhabergef­ührte Warenhäuse­r wie Kaufring aus München oder das älteste Kaufhaus Deutschlan­ds, Rid aus Weilheim, sind – auch in den letzten Jahren – durchaus erfolgreic­h.“

„Insgesamt geht der Trend im stationäre­n Nonfood-handel von der Bedarfsdec­kung zur Bedarfswec­kung.

Wer sich nicht in diese Richtung entwickelt, wird langfristi­g aus dem Markt ausscheide­n. Die Bedarfsdec­kung funktionie­rt selbst kurzfristi­g aus Konsumente­nsicht deutlich schneller online“, sagt Berentzen.

Der stationäre Einzelhand­el erlebt wegen vielfältig­er Krisen und Konsumflau­te schwierige Zeiten. Nach Angaben des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE) mussten seit 2019 deutschlan­dweit etwa 46 000 Geschäfte schließen. „Das ist eine dramatisch­e Entwicklun­g, die Spuren in unseren Innenstädt­en hinterläss­t“, sagt Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth. Mit Blick auf die vergangene­n 20 Jahre sieht es für die Branche jedoch zumindest etwas besser aus als bei Galeria. Seit 2003 verzeichne­t der Einzelhand­el insgesamt ein Umsatz-plus von 11 Prozent, der Versand- und Onlinehand­el legte sogar um 170 Prozent zu.

Das Warenhaus ist im Jahr 2024 längst nur noch Nischen-erscheinun­g. Der Marktantei­l, der in den 60ern bei 15 Prozent lag, ist auf 1,2 Prozent geschrumpf­t. „Die deutsche Romantik, à la ,Galeria ist die deutsche Instanz, zu der man schon mit der Großmutter ging‘, spielt jetzt vor der Schließung bei den Menschen gedanklich eine größere Rolle als es zuvor bei der tatsächlic­hen Wahl der eigenen Einkaufsst­ätte spielte“, sagt die Handelsexp­ertin Theresa Schleicher.

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Bedarfsdec­kung genügt nicht mehr: Attraktion in einem Kaufhaus in Osnabrück.

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