Skulpturen, die staunen lassen
Mit seinen Werken will der Bildhauer Anish Kapoor die innere Welt nach außen tragen. Jetzt wird er 70 Jahre alt.
London. Als seine bekannteste Skulptur zusammengeschweißt wurde, ließ sich kaum erahnen, wie viele Menschen dort später mit ihren Handys stehen und sich selbst fotografieren würden. „Cloud Gate“von Anish Kapoor steht in Chicago. Ein verspiegeltes, großes Ding, das wegen seiner Form auch Bohne genannt wird. Eine ähnliche Skulptur gibt es in New York, es sieht aus, als wäre sie unter einem Hochhaus eingequetscht.
Auf Instagram finden sich Tausende Bilder von Kapoors Werken. Der Künstler, der in Indien geboren wurde und später nach Großbritannien ging, wird an diesem Dienstag 70 Jahre alt. Eine Karriere als Künstler schien anfangs abwegig. „Wie alle guten indischen Jungen war ich ziemlich sicher, dass es das einzige Richtige sei, Ingenieur zu werden“, sagte er in der Dokuserie „Art21“.
Seine frühen Werke sahen noch ganz anders aus: Farbpigmente, aufgehäuft zu geometrischen Formen. Im Laufe der Jahrzehnte experimentierte er mit Tonnen von Wachs und gigantischen Stahlinstallationen. Heute gilt Kapoor, der 1991 den renommierten Turner-preis für zeitgenössische Kunst gewann, als einer der wichtigsten Bildhauer der Gegenwart.
In der Doku erzählte Kapoor, dass er sich intensiv mit Psychoanalyse auseinandergesetzt habe. Er liebe an ihr die Annahme, dass die innere Welt mindestens genauso wichtig sei wie „die sogenannte Welt der Realität“. Die Aufgabe sei, damit zu arbeiten. Genau das passiere im Studio.
Manche Aktionen lösten Kontroversen aus. Etwa, als er sich die Exklusivrechte an der künstlerischen Nutzung des tiefschwarzen Vantablacks sicherte. Oder als er in Frankreich seine als „Vagina der Königin“bekannt gewordene Riesenplastik ausstellte, aus verrostetem Stahl mit einem riesigen Loch in der Mitte.
Er wolle, dass Menschen staunen, sagt Kapoor. „Das ist, wonach ich suche. Dieser Eindruck von: Wie kann das sein?“In Portugal stürzte jedenfalls ein Museumsbesucher in ein Kunstwerk Kapoors, weil er ein Loch für eine optische Täuschung hielt.