Heidenheimer Neue Presse

Unbeirrt auf Titelkurs

In München hatten sie gehofft, dass ihr 8:1-Sieg gegen Mainz in Nervosität sorgt. Doch der Tabellenfü­hrer lässt sich nicht irritieren.

- Leverkusen für Von Holger Schmidt, dpa

Sie werden einfach nicht nervös. Selten sind die sportliche­n Kampfansag­en und Stör-manöver aus München so ins Leere gelaufen wie aktuell bei Bayer Leverkusen. „Ich glaube, die Hälfte weiß nicht mal, wie das Ergebnis von Bayern gegen Mainz war“, sagte Kapitän Lukas Hradecky gar auf die Frage, ob sein Team sich vom 8:1-Kantersieg des FC Bayern am Tag zuvor gegen den Abstiegska­ndidaten Mainz 05 nicht habe verunsiche­rn lassen. Und Sportchef Simon Rolfes antwortete nach dem 2:0 (1:0) gegen den VFL Wolfsburg auf die Frage, ob ihn die markigen Worte aus München sowie das Interesse an Bayer-trainer Xabi Alonso störten, nur mit einem breiten Lächeln. Und einem klaren: „Nein!“

Dass dies alles nicht nur Worte sind, zeigt sich auch auf dem Feld. Zwar verbreitet­en die Leverkusen­er in den letzten Spielen längst nicht den Glanz und die Offensiv-wucht vorheriger Monate. Doch von einer Niederlage waren sie in der Liga ebenfalls weit entfernt. Vor allem beeindruck­t weiterhin, wie souverän und gelassen die Werkself gegen die immer massiveren Abwehr-bollwerke der Gegner agiert.

„Teilweise wie im Handball“sei es in der rund einstündig­en Überzahl am Sonntag gewesen, sagte Rolfes. Doch blieb sein Team unbeirrt und gestattete dem

Gegner keinerlei Chancen. So bleibt es neun Spiele vor dem Saisonende bei zehn Punkten Vorsprung auf die Bayern.

Die Höhe eines Sieges sei letztlich egal, ließ Mittelfeld-lenker Granit Xhaka durchblick­en. Gerade wegen der langen Überzahl hätten sich „die Fans sicher mehr Tore gewünscht. Aber auch wenn du 6:0 oder 7:0 gewinnst, sind das am Ende ebenfalls nur drei Punkte.“Und ein 8:1 eben auch.

Wahrschein­lich hat Hradecky nur geflunkert, die Kunde vom Münchner Tor-festival muss in der Mannschaft angekommen sein. Aber sie hinterließ offenbar keine Wirkung. „Das ist einfach die positive Einstellun­g, die bei uns herrscht“, sagte der Kapitän und Torhüter: „Alle leisten hervorrage­nde Arbeit, gehen dann nach Hause und genießen das Leben.“Auch Xhaka versichert­e, man schaue überhaupt nicht nach München. „Das interessie­rt mich einfach nicht“, sagte der Schweizer. Das habe „aber nichts mit Arroganz zu tun“, versichert­e er.

Selbstvert­rauen habe sein Team nach nun 36 Pflichtspi­elen ohne Niederlage natürlich, „wenn jemand nach dieser Saison kein Selbstvert­rauen hat, ist er im falschen Sport.“Aber die Konzentrat­ion auf die eigenen Stärken sei erst das Geheimnis des Erfolgs. „Wir stehen verdient da, wo wir stehen, weil wir bis heute nur auf uns geschaut haben“, sagte Xhaka: „Und so lange wir weiter einfach unseren Job machen, interessie­ren uns die anderen Ergebnisse nicht.“Klar sei: „Je weniger Spiele es werden, umso besser ist es für uns.“

Trainer Alonso antwortete auf die Frage, ab wann er anfangen wolle über eine mögliche Meistersch­aft zu sprechen: „April.“Der Spanier, mit Liverpool, Real

Madrid und den Bayern einst nationaler Meister, lebt die pure Gelassenhe­it vor. So auch am Sonntag. „Wir haben nicht spektakulä­r gespielt, sind nicht zu viel Risiko gegangen“, sagte er: „Wir wollten mit Geduld spielen. Das zweite fiel nicht früh, aber es fiel.“In der 86. Minute geschah es, und den Treffer von Florian Wirtz per Direktabna­hme nach Traumpass von Exequiel Palacios bezeichnet­e sogar der frühere Welt- und Europameis­ter Alonso als „einfach Wahnsinn“.

Auch wenn du 6:0 oder 7:0 gewinnst, sind das am Ende ebenfalls nur drei Punkte.“Granit Xhaka Leverkusen­er Mittelfeld-lenker

Alonso: Klare Idee, klarer Plan

In Richtung München sendete Alonso, selbst Bayerns Objekt der Begierde für die Nachfolge des scheidende­n Thomas Tuchel, eine klare Botschaft: „Wir wissen, was wir tun müssen. Wir haben eine klare Idee und einen klaren Plan.“Er selbst habe das 8:1 gegen Mainz „natürlich gesehen“. Doch es machte nichts mit ihm. Bayern Nationalsp­ieler Leon Goretzka hatte nach dem Kantersieg gesagt: „Sollte Leverkusen doch noch ein bisschen Angst vorm Gewinnen bekommen, ist es unsere Aufgabe, da zu sein.“

Alonso kennt die Spielchen aus München und er macht aus Bayer aktuell die besseren Bayern. Die unbeirrt weiter ihren Weg gehen. Und so zog Hradecky letztlich das entscheide­nde Fazit: „Und wieder ist es ein Wochenende weniger.“

 ?? Foto: I. Fassbender/afp ?? Von den Bayer-fans nach dem 2:0-Erfolg gefeiert: Kapitän Lukas Hradecky, Granit Xhaka (li. neben dem Keeper) und Co.
Foto: I. Fassbender/afp Von den Bayer-fans nach dem 2:0-Erfolg gefeiert: Kapitän Lukas Hradecky, Granit Xhaka (li. neben dem Keeper) und Co.

Newspapers in German

Newspapers from Germany