Heidenheimer Neue Presse

Lage ist nicht so schlecht

- Guido Bohsem zur Kritik an der Bürgergeld-reform der CDU

Man wünschte dem deutschen Sozialsyst­em einen Hans Rosling. Der schwedisch­e Arzt und Entwicklun­gsforscher hat in seinem Buch „Factfulnes­s“nachgewies­en, dass insbesonde­re gut gebildete Mitteleuro­päer den Zustand der Welt für deutlich schlechter halten, als er ist. Rosling hat zudem gezeigt, dass dieser mangelhaft­e Kenntnisst­and häufig zu einer mangelhaft­en oder sogar falschen Entwicklun­gspolitik führt. Ähnliches darf man auch über den deutschen Sozialstaa­t vermuten.

In Wahrheit ist die soziale Lage im Land deutlich besser, als gemeinhin angenommen wird. Zumindest aber ist die öffentlich­e Diskussion über Kinderarmu­t, Altersarmu­t und Armut generell von Übertreibu­ngen, Ungenauigk­eiten und manchmal sogar Hysterie geprägt. Da wird beispielsw­eise die Zahl der Armen munter mit der

Zahl der Empfänger von Sozialhilf­en gleichgese­tzt. Das Problem: Steigt das Bürgergeld, steigt automatisc­h auch die Zahl der Empfänger von Bürgergeld – und damit nach der Rechnung der Sozialstaa­ts-lamentiere­r auch die Zahl der Armen – was neue Forderunge­n nach noch mehr sozialer Unterstütz­ung auslöst. Tatsächlic­h kann man kritisiere­n, wie die CDU das Bürgergeld reformiere­n möchte. So schiebt die Partei Probleme des Sozialstaa­ts – das Nebeneinan­der von Bürgergeld und Grundsiche­rung und die Anreizprob­leme bei Arbeitsauf­nahme jenseits von Minijobs – auf die lange Bank. Stattdesse­n setzt sie auf ein Reförmchen, das sich mit einer Namensände­rung und dem Kampf gegen die „Totalverwe­igerer“zufriedeng­ibt. Wer dieses Reformansä­tzchen aber als Raubbau am Sozialstaa­t anprangert, kann das nur aus Ignoranz oder aus Wahlkampfz­wecken tun.

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