Verführung via Schlagzeug
Vielseitiges Programm und hingerissenes Publikum: Das Percussion-ensemble „Vibraslap“feierte musikalisch und sportlich seinen 40. Geburtstag in der Waldorfschule.
Die Schlaginstrumente gehören vermutlich zu den sportlichsten aller Musikinstrumente. Denn sie gestatten es dem Musiker, während des Spiels zu hüpfen und zu springen. Zu beobachten war diese Kombination aus sportlicher und musikalischer Leistung am Samstagabend in der Waldorfschule: Das Percussion-ensemble „Vibraslap“feierte seinen 40. Geburtstag und hatte aus diesem Anlass zu einem Jubiläumskonzert eingeladen.
Eintritt wurde nicht verlangt, stattdessen gab es gleich zu Beginn Geschenke für die zahlreichen Zuhörer: Ohrstöpsel wurden vorsorglich überreicht für den Fall, dass das Schlagzeug selbst für Schlagzeugverhältnisse zu laut sein sollte. Ob das Geschenk tatsächlich an diesem Abend verwendet wurde? Das dürfte in Zweifel zu ziehen sein, denn schließlich wollte sich doch keiner entgehen lassen, was Ensembleleiter Fabian Kawohl für diesen Anlass an Programm zusammengestellt hatte.
Gestampft, geklopft, geklatscht
Und das war eine richtige kleine Weltreise, in jedem Fall aber eine veritable Rundreise durch die vielfältige Welt der Musik für Percussion. Die Reiseutensilien standen mit Stabspielen, Drumset, Röhrenglocken, Kesselpauken und Co. bereit, und hinzu kamen noch solche Instrumente, die nicht eigens für Schlagzeuger produziert werden. Los ging es aber gänzlich ohne Instrumente: mit Body-percussion nämlich: Beim „Freibier-rap“, gehüpft, gestampft, geklopft, geklatscht, erschallte zwar nicht der Ruf nach dem Freigetränk, sondern das wurde kurzerhand durch „Schlagzeug, yeah“ersetzt, in das das Publikum ohne lange zu zögern einfiel, dafür wurde jedoch später noch Tequila serviert, in dem gleichnamigen Hit von Chuck Rio, und auch in diesen Ruf stimmte das Publikum bestens mitgerissen ein. Mit diesem Agaven-brand war die Station Mexiko erreicht.
Weitere Ziele waren Brasilien mit dem ebenfalls sehr bekannten
„Brazil“, ,Lateinamerika mit „Oye como va“mit der typischen Guiro, Kuba mit schmissigem Salsa und Afrika mit „Afro Blue“und der sehr einprägsamen Conga, der Djembe und der Herkunft des Marimaphons. Gar zum Mars ging es, und da kamen zu Stabspielen und Drumset die Röhrenglocken hinzu, und miteinander boten sie eine Mischung, die nach geheimnisvollem Einstieg durchaus Bilder von fröhlich laufenden, womöglich gar tanzenden grünen Männchen wecken konnten.
Betörende Sogwirkung
Auch in Asien wurde Halt gemacht. Vor und nach der Pause bestimmten Tomtoms und Bassdrums den Ton auf der Bühne, und das war mit „Hoo-daiko“und „Kagura Daiko“jener Klang und Rhythmus, mit dem die Samurai ihre Kämpfer in Blutrausch versetzten – und die mit akzentuiertem Rhythmus und mit hoher Konzentration vollführtem Gleichklang dargebotenen Stücke entfalteten tatsächlich eine betörende Sogwirkung und ließen abtauchen in diese Verführung via Schlagzeug.
Natürlich kam auch das Instrument zum Einsatz, nach dem das Ensemble benannt ist: Das Vibraslap,
das mit seinem schnarrenden Effekt übrigens auch hervorragend als Klingelton geeignet wäre, hatte seinen prominenten Einsatz bei „Crazy Train“von Ozzy Osbourne, mit welchem auch ein Abstecher in die Welt der Rockmusik unternommen wurde. Und auch Privatdetektiv Peter Gunn war mit von der Partie: Ganz hervorragend, wie hier das bekannte, treibende Bass-ostinato von den Stabspielen übernommen wurde – die Musiker waren, die Melodie ist schließlich auch aus den „Blues Brothers“bekannt, mit ihren Schlägeln gewissermaßen im Namen des Herrn unterwegs. Eine weitere Glanznummer war „Marimba 6“, bei dem das Marimbaphon von beiden Seiten bespielt wurde. Also:
Zwei Marimbaphone, zwölf Spieler, und jeder von ihnen hat seine eigene Tonfolge in der Melodie, die nach und nach aufgebaut wird und schließlich wie eine große weiche Klangwolke über allem schwebte – auch das eine Komposition, die höchste Konzentration und großes Können abverlangt.
Straßenbesen und Alu-leitern
Blieben noch die Instrumente nachzutragen, die eigentlich gar keine sind: Da waren Straßenbesen im Einsatz, von den Musikern in Warnwesten kehrend, mit dem Stiel klopfend und gar einem Stockkampf gleich im Duett eingesetzt. Da waren ganz normale Pappkartons, denen auf ganz unterschiedliche Weisen perfekter
Rhythmus entlockt wurde. Und da waren haushaltsübliche AluLeitern. Und sollten Eltern auf die Idee kommen, ihrem nach Schlagzeug lechzenden Nachwuchs zu entgegnen, er möge es doch zunächst mit der Leiter versuchen, dann sei ihnen gesagt, dass das dann ganz besonders laut werden kann.
Sehr angetan von all diesem Können zeigte sich auch Marian Vaida, der das Ensemble vor 40 Jahren ins Leben gerufen hatte und zu den Ehrengästen an diesem Abend gehörte. „Wir sind sehr froh, dass es weitergeht und vor allem, dass es auf diesem Niveau weitergeht“, war aus seinen Kreisen zu hören. Der Dank von Oberbürgermeister Michael Salomo an das Ensemble schloss Marian Vaida mit ein, und für den Förderverein der Musikschule überreichten Friederike Saxen und Wolfgang Heinecker zwei Congas, nagelneu und noch ungestimmt, wie Fabian Kawohl launig feststellte. Für ihn, der auch die Moderation an diesem Abend innehatte, hatte sich sein Ensemble als Dank etwas Besonderes einfallen lassen: zwei Sticks gab es für ihren Schlagzeuglehrer, mit Jubiläumsinschrift und allen Namen der Ensemblemitglieder.