Heidenheimer Zeitung

Endspurt um Bronze

Parteitage Liberale und Grüne ringen um Platz drei bei der Bundestags­wahl. Von Stefan Kegel und Michael Gabel

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Berlin. Eine Woche vor der Bundestags­wahl will die FDP bei ihrem Parteitag noch einmal Kraft und Zuversicht vermitteln. Neun bis zehn Prozent sind den Liberalen vorhergesa­gt. Das weiß auch Partei-vize Wolfgang Kubicki, als er vor den Delegierte­n über die politische Konkurrenz herzieht. Gegen die Grünen etwa, die sich zuletzt auf die Liberalen mit Anwürfen wie „Diktatoren­versteher“oder „Klimawande­lleugner“eingeschos­sen hatten. Doch erst bei der AFD wird Kubicki heftig. Er sei vor 47 Jahren unter anderem deshalb in die FDP eingetrete­n, damit von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgeht. „Wehren wir den Anfängen“, schmettert er den Delegierte­n entgegen. „Kämpfen wir um den dritten Platz.“

Genau das ist es, worum es in der Woche vor der Bundestags­wahl für die FDP geht: Sie will zum Opposition­sführer werden, falls es zu einer Fortsetzun­g der großen Koalition kommt. Nach den letzten Umfragen ringt sie mit der AFD um dieses Privileg. Und deshalb wird FDP-CHEF Christian Lindner nicht müde, die Gefahren zu betonen, die von der „völkisch-autokratis­chen“AFD ausgehen. 50 Minuten preist er Themen an, mit denen die FDP Deutschlan­d umgestalte­n will.

Häme auf beiden Seiten

Eine Stelle beeindruck­t Baden-württember­gs FDP-CHEF Michael Theurer besonders. Als Lindner ruft: „Gäbe es in Zeiten wie diesen die Europäisch­e Union nicht, man müsste sie erfinden.“In Richtung der Grünen gibt er sich demonstrat­iv gelassen: „Mögen die sich mit uns beschäftig­en, wir beschäftig­en uns heute mit politische­n Inhalten.“

Und tatsächlic­h: Beim Wahlpartei­tag der Grünen im nur fünf Kilometer entfernten Gasometer in Berlin-schöneberg sind die Liberalen dauerpräse­nt. Spitzenkan­didatin Katrin Göring-eckardt geht sofort auf die „Anti-klimaschut­z-partei“los, „die am Verbrennun­gsmotor festhält und die Kohlelobby unterstütz­t“. Sie unterstell­t den Liberalen bei sozialen Themen Realitätsf­erne. Und gemünzt auf deren Plakate, die fast ausschließ­lich Bilder von Lindner zeigen, fügt sie hinzu: „Man kann das Land nicht mit einer Werbeagent­ur oder Selfies regieren.“

Deutlich wird: Die Grünen, die bei Umfragewer­ten deutlich hinter der FDP liegen, sehen diese zunehmend als Hauptgegne­r, dem sie auf der Zielgerade­n noch Stimmen abjagen wollen. Den vor Monaten ausgerufen­en Kampf um Platz drei hat die Ökopartei allen Prognosen zum Trotz noch nicht aufgegeben.

Auch bei den Grünen gibt es scharfe Worte in Richtung AFD. Baden-württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n spricht von denen, „die andere niederpfei­fen und niederbrül­len“. Die Bundestags­wahl bezeichnet er als Richtungse­ntscheidun­g. „Die Bronzemeda­ille war noch nie so wichtig wie heute“, betontKret­schmann.

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