Ein Offenbarungseid
ie Hamas im Gazastreifen wirft das Handtuch. In ihren zehn Jahren Herrschaft hat sie die Bevölkerung in drei Kriege gezerrt und sich mit praktisch allen arabischen Staaten überworfen. Nach dem Urteil der Vereinten Nationen steht die von ihr regierte Küstenenklave mittlerweile vor dem totalen Kollaps. In keinem Teil der Erde ist die Arbeitslosigkeit so hoch. Die Lebensprobleme der zwei Millionen Eingeschlossenen und die Zerstörung ihrer Umwelt haben unvorstellbare Dimensionen angenommen. Und die jahrelange, fugendichte Doppelblockade der beiden Nachbarn Israel und Ägypten macht jede Hoffnung zunichte, dass sich der Gazastreifen jemals wieder von den Kriegsschäden und dem ökonomischen Totalzerfall erholen kann.
Unter Hosni Mubarak tolerierte Ägypten noch in Rafah einen unterir- dischen Grenzübergang aus tausend Schmuggeltunneln. Sein Nachfolger Abdel Fattah al-sisi hat selbst diese Notlösung beendet.
Viel Feind, viel Ehr’ ist kein Zukunftsmotto. Keiner weiß das besser, als der neue Hamas-chef Ismail Hanija, der die erbärmlichen Verhältnisse seiner Mitbürger jeden Tag vor Augen hat. Im Mai übernahm er den Vorsitz der Hamas, seither versucht er, den Einfluss der Exilführung zurückzudrängen und die Nöte der heimischen Bevölkerung stärker in Anschlag zu bringen. Trotzdem ist auch in der Gaza-enklave seine gemäßigtere Linie umstritten, sträuben sich Hardliner gegen die neuen Kompromisse. Und so ist der Offenbarungseid vom Sonntag zwar ein vorläufiges Eingeständnis des Scheiterns. Ein Beleg für die Einsicht der gesamten Hamas, dass ihr radikaler Kurs in die Sackgasse geführt hat, ist er nicht.