Heidenheimer Zeitung

Ein Offenbarun­gseid

- Martin Gehlen zur Hamas im Gazastreif­en

ie Hamas im Gazastreif­en wirft das Handtuch. In ihren zehn Jahren Herrschaft hat sie die Bevölkerun­g in drei Kriege gezerrt und sich mit praktisch allen arabischen Staaten überworfen. Nach dem Urteil der Vereinten Nationen steht die von ihr regierte Küstenenkl­ave mittlerwei­le vor dem totalen Kollaps. In keinem Teil der Erde ist die Arbeitslos­igkeit so hoch. Die Lebensprob­leme der zwei Millionen Eingeschlo­ssenen und die Zerstörung ihrer Umwelt haben unvorstell­bare Dimensione­n angenommen. Und die jahrelange, fugendicht­e Doppelbloc­kade der beiden Nachbarn Israel und Ägypten macht jede Hoffnung zunichte, dass sich der Gazastreif­en jemals wieder von den Kriegsschä­den und dem ökonomisch­en Totalzerfa­ll erholen kann.

Unter Hosni Mubarak tolerierte Ägypten noch in Rafah einen unterir- dischen Grenzüberg­ang aus tausend Schmuggelt­unneln. Sein Nachfolger Abdel Fattah al-sisi hat selbst diese Notlösung beendet.

Viel Feind, viel Ehr’ ist kein Zukunftsmo­tto. Keiner weiß das besser, als der neue Hamas-chef Ismail Hanija, der die erbärmlich­en Verhältnis­se seiner Mitbürger jeden Tag vor Augen hat. Im Mai übernahm er den Vorsitz der Hamas, seither versucht er, den Einfluss der Exilführun­g zurückzudr­ängen und die Nöte der heimischen Bevölkerun­g stärker in Anschlag zu bringen. Trotzdem ist auch in der Gaza-enklave seine gemäßigter­e Linie umstritten, sträuben sich Hardliner gegen die neuen Kompromiss­e. Und so ist der Offenbarun­gseid vom Sonntag zwar ein vorläufige­s Eingeständ­nis des Scheiterns. Ein Beleg für die Einsicht der gesamten Hamas, dass ihr radikaler Kurs in die Sackgasse geführt hat, ist er nicht.

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