Resignation in Moskau
Das Interesse an der deutschen Bundestagswahl hat Russland offenbar verloren. Noch im Frühjahr diskutierte die halbstaatliche Öffentlichkeit angesichts des Brexit und der Wahl von Us-präsident Trump einen möglichen populistischen Erdrutschsieg auch in Deutschland. Für kurze Zeit schienen sich die Kremlmedien sogar auf Angela Merkel als neue antirussische Buhfrau einzuschießen, der Tv-kanal Rossija 1 unterstellte ihr Hitlers „Drang nach Osten“. Aber nach der Schlappe der rechtsextremen Marine Le Pen bei der französischen Präsidentenwahl und mehreren Landtagserfolgen der CDU scheint es, als habe sich Moskau mit Merkels wahrscheinlicher Wiederwahl abgefunden. Zumal die Alternative Martin Schulz heißt, ein Kandidat, der als Putinkritiker gilt.
„Der deutsche Wahlkampf kommt nicht in Fahrt“, titelt die staatliche Nachrichtenagentur Tass etwas enttäuscht. Auf jeden Fall ist Russland kein Thema. Und die AFD, die vorübergehend als prorussische Hoffnung gehandelt worden war, diskreditiert sich selbst aus Moskauer Sicht: „Die Alternative für Deutschland ruft zum Stolz auf die Errungenschaften der Nazis auf“, schimpft inzwischen auch das kremlnahe Internet-portal regnum.ru. Auch Russland bleibt nur abzuwarten, wie die Koalition der voraussichtlichen Siegerin Merkel aussehen wird.