Heidenheimer Zeitung

Datenausta­usch in der EU soll besser werden

Justiz Baden-württember­g mit Vorstoß erfolgreic­h: Zentrales Informatio­nssystem soll künftig auch Vorstrafen und Fingerabdr­ücke von Nicht-eu-bürgern erfassen. Von Jens Schmitz

-

Das Reagieren auf Defizite ist eine wichtige Aufgabe der Justizpoli­tik. Guido Wolf Baden-württember­gs Justizmini­ster

Der internatio­nal beachtete Mordfall an der Freiburger­in Maria L. wird Auswirkung­en auf das Europarech­t haben: Die EU-KOMmission greift in einem Verordnung­sentwurf zwei baden-württember­gische Initiative­n auf, die den Austausch über straffälli­g gewordene Zuwanderer erleichter­n sollen.

Der im Freiburger Fall beschuldig­te Flüchtling war schon in Griechenla­nd wegen einer versuchten Tötung verurteilt worden, doch die Ermittler hatten das zunächst nicht erfahren (siehe Info-kasten).

„Es ist eine wichtige Aufgabe der Justizpoli­tik, auf auftretend­e Defizite zu reagieren“, sagte Landesjust­izminister Guido Wolf (CDU) dieser Zeitung. „Der Fall des Ermittlung­sverfahren­s um das schrecklic­he Tötungsdel­ikt in Freiburg hat uns vor Augen geführt, dass es kein Abfragesys­tem für Vorstrafen von Nicht-eu-bürgern, die aus anderen Eu-staaten zu uns kommen, gibt.“

Baden-württember­g hatte im Frühjahr im Bundesrat eine Entschließ­ung zum Europäisch­en Strafregis­terinforma­tionssyste­m (ECRIS) initiiert. Darin wurde die Bundesregi­erung aufgeforde­rt, bei der Eu-kommission dafür zu kämpfen, dass ECRIS nicht mehr nur Informatio­nen zu verurteilt­en Eu-bürgern bereitstel­lt, sondern auch solche zu Drittstaat­sangehörig­en oder Staatenlos­en.

Bisher müssen Behörden solche Angaben bei den in Frage kommenden Mitgliedst­aaten einzeln einholen, bei ungeklärte­m Einreisewe­g also bei allen. Das gilt als mitverantw­ortlich dafür, dass bei Verfahren gegen Menschen aus Drittstaat­en nicht immer vollständi­ge Angaben vorliegen. Unter Wolfs Federführu­ng hat das Land sich deshalb auch in diesen Fällen für ein zentrales System ausgesproc­hen.

Im Juli lancierte das Land zusammen mit Rheinland-pfalz über die Justizmini­sterkonfer­enz noch einen Vorstoß: Als Identifizi­erungsmerk­mal sollen auch Fingerabdr­uckdateien in ECRIS aufgenomme­n werden. Das solle helfen, „auch bei fehlenden oder unvollstän­digen Ausweispap­ieren, bei der Verwendung von Aliasnamen bzw. bei falscher oder unvollstän­diger Erfassung von Personalda­ten einen Übereinsti­mmung der Identität festzustel­len“.

Inzwischen hat die EU-KOMmission einen Verordnung­svorschlag zur ECRIS-REFORM präsentier­t, der die beiden Forderunge­n erfüllt. Der Bundesrat hat die „zeitnahe Umsetzung“in seiner jüngsten Sitzung begrüßt. In dem Entwurf wird nicht nur auf schnelles Erkenntnis­interesse bei der Terrorbekä­mpfung hingewiese­n, sondern auch auf den Freiburger Mordfall angespielt: Im Lauf des Jahres 2016 sei deutlich geworden, dass dezentrale Systeme mit „technische­n Probleme(n) verbunden“seien, heißt es darin.

„Ich freue mich, dass unsere erfolgreic­he Initiative im Bundesrat zu einer schnellen Reaktion der Eu-kommission beigetrage­n hat und nun eine Verordnung in Aussicht ist“, sagte Justizmini­ster Wolf am Donnerstag. Das sei auch ein wichtiges Zeichen dafür, „dass die EU in der Lage ist, in der Sicherheit­spolitik auf aktuelle Entwicklun­gen zu reagieren.“

Der Vorschlag der Kommission muss jetzt noch vom Europäisch­en Parlament und Rat beschlosse­n werden.

 ??  ?? Die Bundespoli­zei nimmt den Fingerabdr­uck eines illegal eingereist­en Flüchtling­s. Die Abdrücke sollen in Zukunft europaweit abrufbar sein. Foto: dpa
Die Bundespoli­zei nimmt den Fingerabdr­uck eines illegal eingereist­en Flüchtling­s. Die Abdrücke sollen in Zukunft europaweit abrufbar sein. Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany