Heidenheimer Zeitung

Lieber Schönsprec­h,

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da liest man dieser Tage im Heidenheim­er Sportteil, dass ein Verein „sehr zufrieden“mit seinem Fußball-trainer ist. Und was macht dieser Verein vor lauter Zufriedenh­eit? Genau: den Trainer entlassen. Schräg, nicht wahr?

Wer sich dazu in Sportkenne­rkreisen umhört, der erfährt: Zufriedenh­eit ist gefährlich. Ganz ganz gefährlich. Denn Zufriedenh­eit bedeutet im Schönsprec­h des Sports ungefähr dasselbe wie „vollstes Vertrauen“in der Politik. Wenn die Kanzlerin über einen ihrer Minister sagt, sie habe „vollstes Vertrauen“in ihn, dann kann der bekanntlic­h im Grunde sofort damit anfangen, einen Karton mit seinen persönlich­en Sachen zu packen, seine Jacke anziehen und dann beim Bundesfahr­dienst anrufen, man möge ihn bitte nach Hause fahren. Über Entlassung­en und deren Gründe mag halt niemand gerne offen reden. Ist ja auch echt unangenehm. Und um nicht ganz so ehrlich über diese unangenehm­en Sachen reden zu müssen, hat man irgendwann diese eigenartig­e Sprache entwickelt, bei der man das Gegenteil von dem sagt, was man denkt – obwohl trotzdem alle wissen, dass es anders ist.

Wie vielfältig die Einsatzmög­lichkeiten des Schönsprec­hs sind, zeigt sich auch dann immer wieder, wenn sich jemand Dreck an den Stecken hat kommen lassen und sich dafür rechtferti­gen muss. Oder versagt hat. Oder verloren. Oft gesagt ist dabei der Satz: „Wir werden das rückhaltlo­s aufklären.“Oder: „Wir werden das vollumfäng­lich analysiere­n.“Vor allem aus der SPD hört man diese Sätze derzeit häufig.

Damit aber noch nicht genug: Eine weitere Spitzfindi­gkeit des Schönsprec­hs manifestie­rt sich derzeit in der bayerische­n CSU. Dort geht das Gespenst der Parteifreu­ndschaft um. Der „Parteifreu­nd“– das ist auch so eine höchst diffizile Sache. Und sehr sehr gefährlich. Gibt ja nicht umsonst die informelle Steigerung­sform: „Feind, Todfeind, Parteifreu­nd.“Wie passend, dass gerade gestern in vielen Zeitungen zu lesen war: „Parteifreu­nde fordern Seehofers Rücktritt“. Aus reiner Zufriedenh­eit, versteht sich. Aber Du liest das eh nicht.

Catrin Weykopf

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