Potenzial auf der Alb
Ortsentwicklung Ein Unternehmer hat in Gerstetten kräftig in einen Technologiepark investiert. Nach einigen Jahren gibt es aber noch immer Leerstände. Von Karin Lorenz
Nicht Berlin, nicht Rom und auch nicht Paris: Der ideale Wirtschaftsstandort in der Europäischen Union befindet sich anscheinend auf der Schwäbischen Alb – und zwar in Gerstetten, 6000 Einwohner groß, 11 000, wenn man die Bewohner der umliegenden Dörfer mitrechnet. Vom Potenzial der kleinen Gemeinde ist jedenfalls der Schweizer Vollblutunternehmer Konrad Frischknecht überzeugt, seit er die Gemeinde auf der Landkarte entdeckt und sie persönlich in Augenschein genommen hat.
Das Lob auf den „idealen Standort in der Europäischen Union“fiel 2009 anlässlich eines Vor-ort-besuchs des Geschäftsmannes und wurde damals im „Albboten“vermerkt. Gerstetten biete durch seine Lage im Dreieck der Städte Ulm, Heidenheim und Geislingen strategische Vorteile, dazu die günstige Anbindung an die A7, so die Einschätzung des Schweizers. Als weiteres Plus zählte er die Fachhochschulen in Ulm, Aalen und Geislingen sowie die Berufsakademie in Heidenheim. Und nebenbei liegen die Mieten deutlich unter denen der Nachbarstädte. Lob gab es auch für die schöne Natur ringsum – die Verbindung von Wirtschafts- und Lebensraum als starker Magnet für qualifizierte Arbeitskräfte.
Dem Lippenbekenntnis vorausgegangen war 2008 die Übernahme des damaligen Firmenparks der Gemeinde Gerstetten an der Karlstraße, 16 000 Quadratmeter Gebäude und Freifläche. Die Gemeinde hatte die große Immobilie zuvor vom Rechenmaschinenhersteller Walter erworben, als dieser Insolvenz anmelden musste. Ziel des Schweizers war es, den sanierungsbedürftigen Firmenpark zum modernen Technologie-park umzugestalten – seit dem Besuch des Schweizers vor acht Jahren sind nach und nach einige Millionen Euro in dieses Projekt geflossen. Das Bekenntnis des Schweizers zum Standort Gerstetten beinhaltete auch die Entscheidung, bei den Umbau- und Sanierungsmaßnahmen auf einheimische Firmen zurückzugreifen.
Erste Bilanz weniger positiv
Zu den größten Mietern im Technologiepark gehört die CAC Fabrimex Gmbh, ein Tochterunternehmen des internationalen Firmenkonsortiums der von Frischknecht aufgebauten Werab AG. Die Gmbh war 1995 gegründet worden als Produktionsgesellschaft unter anderem für elektronische Baugruppen und ist seither in Gerstetten ansässig. Zu den Mietern gehören außerdem die T+H Metallwarenfabrik, der 3-D-technik-spezialist Infitec, eine kleine Taschenmanufaktur, sogar ein Fotostudio.
Doch trotz aller Begeisterung des Investors und der getätigten Sanierungsmaßnahmen fällt die erste Bilanz dennoch deutlich weniger positiv aus, als erhofft. Es gibt große Leerstände. „Es lässt sich schwerer und langsamer vermieten, als gedacht“, bestätigt Immobilienfachwirtin Petra Rucker von der Fabrimex Gmbh. 3000 Quadratmeter für Produktion, Ausstellung und Lager sind derzeit noch frei, außerdem stehen im Verwaltungsgebäude rund 600 Quadratmeter Bürofläche zur Verfügung.
Die Mietflächen sind in größere und kleinere Einheiten aufgeteilt, erläutert Rucker, die auch darauf achtet, dass potentielle künftige Mieter zum Konzept des Technologieparks passen. „Für Spielhallen und Fitnessstudios wäre durchaus Nachfrage da gewesen“, verrät die Immobilienfachwirtin, „aber das möchte der Eigentümer nicht“. Der Charakter des Technologieparks soll erhalten bleiben, deshalb werden die Räume freigehalten für Büros, Handels-, Service- oder Produktionsbetriebe. Startup-unternehmen sind auch gerne gesehen.
Ungenutzt sind die großen, leeren Hallen derzeit aber dennoch nicht. Die Räume werden der örtlichen Feuerwehr kostenlos überlassen, zur Durchführung von Übungen, bis ein Interessent gefunden ist, erzählt Petra Rucker – und auch eine Kunstausstellung fand hier schon statt.