Heidenheimer Zeitung

Ohne Ernte, kein Dank Ohne Dank, kein Fest

- Pfarrer Michael Williamson, Schnaithei­m

Wnen ann haben Sie das letzte Mal so richtig Hunger gehabt? Kön

Sie sich erinnern? Nach einem langen Arbeitstag, nach einer Radtour oder einer Wanderung?

In Zeiten von vollen Supermarkt­regalen, Imbissbude­n und All you can eat Angeboten, ist Hunger für viele eine seltene Erfahrung. Wir essen eher zu viel als zu wenig.

Dabei ist die letzte Hungersnot gar nicht so lange her. Wer die Nachkriegs­zeit erlebt hat, weiß, was es heißt, unter Hunger zu leiden.

Vor einigen Jahren waren Gäste aus dem Sudan in unserem Landkreis zu Besuch. Sie wurden zum Mittagesse­n eingeladen, bei uns eine Selbstvers­tändlichke­it. Aber sie wurden verlegen – weil sie zuhause nur eine einzige Mahlzeit am Tag gewohnt waren. Sie wussten, was es heißt, Hunger zu haben. Wie so viele andere Menschen auf der Welt.

Zum Erntedankf­est werden Kirchen und Altäre mit dem geschmückt, was dieses Jahr gewachsen und gediehen ist. Wir danken Gott für alles, was geerntet werden konnte und für den Einsatz der Landwirte und Gärtner, die dafür sorgen, dass wir mit Lebensmitt­eln reichlich versorgt werden.

Dieses Jahr wird auch an die verheerend­e Hungersnot vor 200 Jahren erinnert, die durch den Ausbruch eines Vulkans in Indonesien ausgelöst wurde. In ihrer Verzweiflu­ng streckten unsere Vorfahren ihr Mehl fürs Brotbacken mit Sägemehl und aßen Pferdeflei­sch. Als 1817 die erste Ernte wieder eingefahre­n werden konnte, war der Jubel groß.

Damals wie heute: Ohne Ernte, kein Dank. Ohne Dank, kein Fest.

Und, wo immer wir es können, sollten wir dazu beitragen, dass immer weniger Menschen wissen, was es heißt, Hunger zu haben.

Wir danken Gott für alles, was geerntet werden konnte. Michael Williamson Pfarrer Schnaithei­m

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