Heidenheimer Zeitung

Zurückhalt­end beim Kontowechs­el

Banken Seit einem Jahr sind die Rechte der Verbrauche­r beim Umstieg auf einen anderen Anbieter gestärkt. Doch die Kunden interessie­rt das oft nicht, viele bleiben ihrem Institut ein Leben lang treu.

- Jörn Bender, dpa

Steigende Gebühren, ungünstige Öffnungsze­iten, wenig eigene Geldautoma­ten – oft gibt es viele Gründe, die Bank zu wechseln. Doch der Großteil der Deutschen hält ihrer Hausbank die Treue, oft ein Leben lang. Die wenigsten Verbrauche­r haben in jüngster Zeit ihr Konto umgezogen, wie eine repräsenta­tive Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-agentur (dpa) ergab. Daran hat auch die Tatsache nichts geändert, dass der deutsche Gesetzgebe­r vor einem Jahr die Rechte der Bankkunden beim Kontowechs­el gestärkt hatte.

Die Deutschen bestätigen vielmehr ihren Ruf als Wechselmuf­fel: Nur 174 (rund 9 Prozent) der 2052 Befragten haben der YouGov-erhebung zufolge in den vergangene­n zwölf Monaten ihre Hauptbankv­erbindung gewechselt. Am höchsten, wenn auch auf niedrigem Niveau, war die Wechselber­eitschaft in der Altersgrup­pe der 25- bis 34-Jährigen.

Wer sich eine neue Bank gesucht hat, begründet das vor allem mit einem besseren Preis-leistungs-verhältnis (67 Prozent) und einem dichteren Netz an Geldautoma­ten (27 Prozent). Auch die bessere Erreichbar­keit vor Ort beziehungs­weise per Telefon und E-mail ist ein Wechselgru­nd (je 14 Prozent).

Dass der Gesetzgebe­r im September vergangene­n Jahres die Rechte von Verbrauche­rn gegenüber Banken gestärkt hat, ist mitt- lerweile zwar immerhin etwa jedem Zweiten (48 Prozent) bekannt. Unter den Kontowechs­lern gaben aber nur 24 (gut 1 Prozent) an, die Neuregelun­g habe eine Rolle bei ihrem Wechsel der Hauptbank gespielt.

Nach den verschärft­en Vorgaben, die seit dem 18. September 2016 gelten, muss das neue Institut ein- und ausgehende Überweisun­gen sowie Lastschrif­ten des alten Kontos übernehmen. Die bisherige Bank hat dazu dem neu- en Institut und dem Kunden eine Liste der Aufträge der vorangegan­genen 13 Monate zu übermittel­n. Nach spätestens zwölf Geschäftst­agen soll das neue Konto fertig eingericht­et sein. Die Regelungen sind Teil des Zahlungsko­ntengesetz­es, mit dem eine Eu-richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wird.

„Kontowechs­el in nur 10 Minuten“, „Girokonto-umzug: mit wenigen Klicks alles erledigt“– mit solchen und ähnlichen Slogans buhlen Banken und Sparkassen auf dem umkämpften deutschen Markt um Kunden. Die Stiftung Warentest nahm die vollmundig­en Verspreche­n wörtlich und ließ in diesem Frühjahr drei Testperson­en den digitalen Kontowechs­elservice von drei zufällig ausgewählt­en Instituten ausprobier­en. Fazit: „Zweimal klappte alles gut. Der dritte Wechsel gelang nur, weil die Testperson ihn selbst in die Hand nahm. Bei keiner der drei Banken war der Kontoumzug in den vorgeschri­ebenen gut zwei Wochen erledigt.“

Von den Kontowechs­lern in der aktuellen Yougov-umfrage sagten 156 (gut 89 Prozent), der Umzug zur neuen Hauptbank habe reibungslo­s funktionie­rt. Bei 11 (gut 6 Prozent) ruckelte es, der Rest machte dazu keine Angaben.

„Es läuft noch nicht überall reibungslo­s, es gibt da auf jeden Fall noch Anfangspro­bleme“, bewertet der Verbrauche­rschützer Frank-christian Pauli die neuen Bestimmung­en zum vereinfach­ten Wechsel des Bankkontos. Wer bisher den Kontowechs­el scheute, kann sich auf die Verpflicht­ung der Kreditwirt­schaft berufen, Kunden beim Umzug ihres Kontos zu unterstütz­en.

Kein Neuland

„In Deutschlan­d ist ein individuel­ler Service für Kunden, ihr Konto wechseln zu können, kein Neuland“, bekräftigt­en die fünf großen Bankenverb­ände, die in der Deutschen Kreditwirt­schaft organisier­t sind, auf Anfrage. „Seit jeher unterstütz­en die deutschen Banken und Sparkassen aktiv Neukunden bei einem Kontowechs­el.“Probleme mit den neuen gesetzlich­en Vorgaben sieht die Branche nicht.

Doch ohnehin ist in absehbarer Zeit keine Wechselwel­le in Sicht. In den nächsten zwölf Monaten beabsichti­gt laut YouGov-umfrage nur eine Minderheit von gut 6 Prozent, ihre Hauptbankv­erbindung zu verändern.

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Jeder vierte Bankkunde, der zu einem anderen Institut wechselt, begründet dies mit einem dichteren Netz an Geldautoma­ten. Hauptgrund ist aber ein besseres Preis-leistungs-verhältnis. Foto: Imago

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