Loreto-kapelle im Westallgäu: Kinderwagentour mit Alpenblick
In der Barockzeit sollen große Prozessionen von Pilgern und Besuchern nach Wolfegg gezogen sein. Ihr Ziel: ein Wallfahrts-kirchlein auf einem weithin sichtbaren Hügel nur einen Kilometer südöstlich der idyllischen Gemeinde am Rande des Westallgäus. Noch heute ist die Loreto-kapelle, 1668 errichtet, ein höchst attraktiver Ort. Eine wunderschöne kleine Allee aus Kastanien und Robinien geleitet den Besucher zu der Kirche hinauf, deren Name auf den gleichlautenden italienischen Wallfahrtsort bei Ancona verweist. Im Innenraum: Backsteinbemalung, unterbrochen von 13 Fresken.
Die Loreto-kapelle ist auch in einer zweiten Hinsicht der Höhepunkt unserer Wanderung: Sie bietet einen fantastischen Panoramablick auf die Alpen: auf die Nagelfluhkette und den Allgäuer Hauptkamm vom Hochvogel bis zum Widderstein, an klaren Tagen sogar von der Zugspitze bis zu den Berner Alpen.
Die Loreto-kapelle ist nicht die einzige Attraktion, die die 3700-Einwohner-gemeinde Wolfegg reizvoll macht. Die Pfarrkirche St. Katharina, eine der prächtigsten Barockkirchen Oberschwabens, war bereits beeindruckender Schlusspunkt unserer Tour auf die Süh (22. April). Daneben thront das Fürstliche Schloss, ein mächtiger vierflügeliger Renaissancebau, dessen Rittersaal stimmungsvoller Ort für die Wolfegger Konzertzyklen ist. Und überdies lockt das Bauernhaus-museum Wolfegg mit 16 historischen Gebäuden sowie Braunvieh, Schafen, Ziegen, Gänsen, Schweinen, Enten und Hühnern gerade Familien mit Kindern.
Da könnte man fast das Wandern vergessen. Diesmal habe ich eine Tour ausgewählt, die wegen ihrer Kürze auch für Kinder und sogar per geländetauglichem Kinderwagen gut machbar ist. Vom Parkplatz führt uns der Weg mit der grünen 4 Richtung Rötenbach: erst ein Stück neben der Alttanner Straße, dann bald nach rechts abbiegend und vor Mooshäusle wiederum rechts. Das Schöne: rechterhand erhebt sich die Loreto-kapelle, die wir freilich erst gegen Schluss der Run- de erreichen, und vor uns fesselt die Alpenkette unsere Blicke. Das weniger Schöne: Hin und wieder müssen wir auf dem schmalen Asphaltsträßchen einem Auto oder landwirtschaftlichen Fahrzeug ausweichen. Dafür erfreuen ein paar Pferde auf den Koppeln und ein schöner Bildstock zwischen zwei Birken.
Nach einer Dreiviertelstunde, 20 m hinter dem Ortsschild von Rötenbach, weist uns ein Schild nach Katzental. Wer zusätzliche Energie und Neugier auf eine Besonderheit besitzt, sollte freilich in Rötenbach rechts bei der Pfarrkirche St. Jakobus vorbeischauen. Dort verblüfft ein Deckenfresko des Wangener Künstlers August Braun von 1944. Es soll Adolf Hitler, verfremdet mit Brille, und neben ihm Sir Winston Churchill, mit Zigarre, zeigen. Weil das Duo hier unter den „Feinden des Kreuzes“auftaucht, wird das Motiv des bekennenden Katholiken Braun als klares Zeugnis für passiven Widerstand gegen Hitler und den Nationalsozialismus interpretiert. Hinter dem Ortsschild geht es rechts an einem Hof vorbei, wo ein Feldweg beginnt, der uns in einer Linkskurve bis fast hinunter zur Wolfegger Ach führt.
Im kleinen naturgeschützten Wäldchen Maierholz treffen wir wieder auf die grüne 4 (an Verzweigung links halten). Hier ein Bächlein zum Spielen, da Baumstämme zum Balancieren. Die ersten Schritte aus dem Wald sind Genuss pur: eine lieblich-kuppige Allgäuer Wiesenlandschaft, durch die der Weg kurvt, ein paar knorrige alte Eichen, dazu der Blick aufs Schloss!
Aufwärts geht’s nach Oppenreute (wieder Asphalt) und gleich links Richtung Mühlberg: Neckenfurter Straße, Fürst-max-willibald-straße – und schon liegt die Loreto-kapelle vor uns. Sie steht auf einem Drumlin, einem der allgäutypischen Rücken, in der Grundmoränenlandschaft. In der Eiszeit hatten die Gletscher die Lockersedimente zu Drumlins zusammengeschoben. Von der Kapelle geht‘s zum Parkplatz. Entlang der Rötenbacher Straße sind wir bald wieder in der Ortsmitte Wolfeggs.