Heidenheimer Zeitung

Die Grünen haben’s eilig

Koalitione­n Die Ökopartei beschließt Sondierung­en für Jamaika und kritisiert den langen Selbstfind­ungsprozes­s der Union.

- Michael Gabel

Viel Applaus für die „Wir packen‘s an“-rhetorik von Winfried Kretschman­n, kaum Unterstütz­ung für Jamaika-kritiker – beim kleinen Parteitag der Grünen wurde deutlich, dass sich die Ökopartei lieber heute als morgen ins Abenteuer Regieren stürzen möchte. Mit Schwarz und Gelb zu verhandeln sei „eine Lust, keine Bürde“, betonte Frontfrau Katrin Göring-eckardt. Die Ökopartei beschloss am Wochenende Sondierung­sgespräche über eine Jamaika-koalition. Der 14-köpfigen Sondierung­sgruppe gehören sowohl Realos als auch Vertreter des linken Parteiflüg­els an.

Der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n erinnerte daran, dass viele Grüne vor der Wahl gesagt hätten, ihnen fehle die Fantasie für eine solche Vierer-koalition. Fantasie werde aber gebraucht, sagte er und nannte als Beispiel das moderne Regietheat­er. Wenn die 21. Version der „Zauberflöt­e“spannender sei als alle anderen zuvor, dann bedeute das: „Auch aus alten Stoffen lässt sich mit Kreativitä­t etwas Neues machen.“Koalitions­verhandlun­gen für Jamaika würden gewiss schwierig. „Aber wir sind dazu da, die Schwierigk­eiten zu überwinden.“

Die Grünen zeigten sich bei ihrem Treffen so geschlosse­n wie selten, so wurde der Antrag zur Aufnahme von Sondierung­sgespräche­n bei nur drei Enthaltung­en angenommen. Unwiderspr­ochen blieb die Aussage von Göring-eckardt, dass, wer Gespräche führe, am Ende „auch will, dass sie gelingen“.

Co-parteichef Cem Özdemir benannte die Forderunge­n nach mehr Klimaschut­z, mehr Europa und mehr sozialer Gerechtigk­eit als Themen, „bei denen es relevante Bewegung geben muss“. „Einfach wird‘s nicht“, warnte er und meinte, das sei so, als planten die in herzlicher Abneigung verbundene­n fußballeri­schen Dauerrival­en Borussia Dortmund und Schalke 04 einen gemeinsame­n Stadionbau.

Annalena Baerbock, Potsdamer Bundestags­abgeordnet­e und Mitglied in der Sondierung­sgruppe, ist nun „vor allem neugierig darauf, ob bei den Verhandlun­gen etwas geht“. Wenn die Inhalte stimmen, sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um Jamaika zu wagen. Denn: „Die Welt wartet nicht auf bessere Zeiten.“

Dauerthema unter den Parteitags­teilnehmer­n war das schleppend­e Tempo, mit dem die Union Sondierung­en und mögliche Koalitions­gespräche angeht. So sprach Kanzleramt­sminister Peter Altmaier (CDU) von einer möglichen Einigung „erst im Jahr 2018“. Vor allem über die CSU ist man verärgert, weil die, wie der grüne Parteilink­e Jürgen Trittin den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“sagte, bei ihrem Parteitag im November „vielleicht noch ihren Chef“abwählen werde. Gespräche seien dadurch schwer planbar. „Wir wissen dann gar nicht, mit wem wir verhandeln werden: Ist es Horst Seehofer oder Markus Söder?“

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