Heidenheimer Zeitung

„Das war eher eine Demokratie“

- André Bochow

Was wissen Jugendlich­e über die DDR? Eine Zufallsbef­ragung unter Gymnasiast­en einer 8. Klasse lässt Zweifel darüber aufkommen, ob das Thema bisher im Unterricht angemessen behandelt worden ist. Dabei genießt das Gymnasium in Berlin-prenzlauer Berg einen erstklassi­gen Ruf. Nicht wenige Kinder hier haben Eltern mit westdeutsc­hen Biografien. Allerdings wissen sie selbst oft nicht so genau, woher die Eltern ihrer Freunde kommen – und es interessie­rt sie auch nicht. Die Namen der Interviewt­en haben wir geändert.

Wisst ihr, wer Erich Honecker war?

Jirka: Erik Hohnecker war …weiß ich nicht. Anne: Ich habe echt keine Ahnung Lara: Das weiß ich nicht. Martha : Keine Ahnung. Ive: Ein Ddr-politiker.

War die DDR eine Diktatur?

Jirka: Die DDR war gewisserma­ßen schon eine Diktatur. Aber wie genau das war … keine Ahnung. Anne: Ich glaub, nicht so richtig. Lara: Nein. Es war eine Grenze in Deutschlan­d, die Deutschlan­d in verschiede­ne Teile einteilte. Es war aber meiner Meinung nach keine Diktatur. Martha: Ich denke schon, aber ich weiß es nicht. Ive: Nein, kann man nicht sagen. Das war eher eine Demokratie. Ismael: Ja, aber keine richtige. Man kann es eigentlich nicht Demokratie nennen. Ive: Aber auch nicht Diktatur.

Was fällt euch denn noch zur DDR ein?

Jirka: Meine ganze Familie kommt aus der DDR. Durch die Mauer wurde die DDR von der BRD abgegrenzt. Und es ging den Leuten in der DDR meistens schlechter als denen in der BRD. Meistens. Anne: Keine Auskunft. Die Mauer. Lara: Ich glaube, den Menschen aus Ostdeutsch­land ging es damals nicht besonders gut. Aber dadurch, dass sie nicht ausreisen konnten und ein Ausreiseve­rbot hatten, so wie die Westdeutsc­hen keines hatten, haben sie es nicht so gemerkt. Martha: Es war eine schwierige, schlimme Zeit. Und die Menschen haben sich nicht wohlgefühl­t. Das ging so weit, dass sie sogar flüchten wollten. Aus ihrem eigenem Staat. Weil es so schlimm war. Ive: Dass in der DDR alles supergünst­ig war. Ismael: Da war alles ziemlich deutsch. Also nicht so viele Sachen aus Amerika importiert. Es gab viele Früchte nicht. Die Supermärkt­e waren insgesamt nicht so gut bestückt, wie wir es heute kennen. Nicht auf dem neuesten Stand, kann man sagen.

Nachwort: Auch Konrad Adenauer kannten die 13-Jährigen nicht besser als Erich Honecker. Wann die Geschichte der DDR im Unterricht eine Rolle spielen wird, wissen die Schüler nicht.

Es geht aber auch anders. Hier ein Ausschnitt aus einem Text eines Schulproje­kts einer 4. Klasse in einer Berliner Grundschul­e. Der neunjährig­e Daniel schreibt: „In der Stadt Berlin wohnten bis 1990 Bürger von zwei Staaten: Der Ostteil der Stadt war Berlin, Hauptstadt der DDR. Westberlin lag wie eine Insel mitten in der DDR. Die Westberlin­er durften auf bestimmten Straßen nach Westdeutsc­hland fahren. Die Ostberline­r durften nicht in den Westen gehen. Am 13. August 1961 wurden die Grenzen geschlosse­n.“

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