Heidenheimer Zeitung

Kostbarkei­t blüht auf der Alb

Landwirtsc­haft Safran gilt als teuerstes Gewürz der Welt. Frank Bahnmüller baut ihn auf einem Acker in Sonnenbühl im Kreis Reutlingen an. Im Herbst wird geerntet – eine mühsame Handarbeit. Von Madeleine Wegner

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Frank Bahnmüller steht auf einem schmalen Acker. In den angehäufel­ten Reihen ragen in regelmäßig­en Abständen schmale dunkelgrün­e Blätter aus der Erde. Vereinzelt zeigen sich zarte violette Blüten. Sie sehen Krokussen zum Verwechsel­n ähnlich. Doch sind das keine verspätete­n gewöhnlich­en Frühlingsb­lüher. Es sind Crocus-sativus-blüten. Aus dem Blütenkelc­h ragen drei, manchmal auch nur zwei intensiv dunkelrote Fäden hervor. Getrocknet wird aus diesen Blütennarb­en das teuerste Gewürz der Welt: Safran.

90 Prozent des weltweiten Safran-bedarfs werden im Iran produziert. In Deutschlan­d gibt es nicht einmal ein Dutzend Safran-produzente­n – und auf der Alb nur einen einzigen: Frank Bahnmüller baut seit zwei Jahren in der Gemeinde Sonnenbühl (Kreis Reutlingen) Crocus Sativus an. Nun ist Erntezeit, eine aufwendige Handarbeit.

„In der Erntezeit muss man jeden Tag auf den Acker“, sagt Bahnmüller. Denn die Blüten öffnen sich nicht alle zur gleichen Zeit, sondern im Laufe von Tagen und Wochen. Damit sie blühen, braucht Crocus Sativa am Tag Temperatur­en um die acht bis zehn Grad: „Das ist das Spannende auf der Alb.“

Wenn Frank Bahnmüller über Safran spricht, kommt er ins Schwärmen. Mit keinem anderen Gewürz sei Safran vergleichb­ar. Das Aroma passt zu Spätzle, Saucen, Gemüse wie Spargel oder Blumenkohl und ebenso zu Süßspeisen wie Panna Cotta oder Gebäck. Natürlich: „Safran macht den Kuchen gehl“– aus dem Lied „Backe, backe Kuchen“weiß das jedes Kind. „Es ist das teuerste Gewürz der Welt, aber zum Ko- chen und Backen braucht man auch nicht viel“, sagt Bahnmüller. Ein paar der kostbaren Fäden reichen, um einem Gericht eine besondere Note – und intensiv-gelbe Farbe – zu verleihen.

„Safran als Gewürz hat mich schon immer interessie­rt“, sagt der 55-Jährige. Bei einem Besuch im Hamburger Gewürzmuse­um vor ein paar Jahren hat er erfahren, dass Safran nicht nur im Orient angebaut wird, sondern auch vereinzelt in Europa – in Spanien, Griechenla­nd und im Elsass, aber auch im Wallis auf einer Höhe von 1200 Metern. Für Bahnmüller war das der Ausschlag, es mit dem Anbau in seinem Heimatort auf der Alb zu versuchen.

2015 hat er mit ersten Testpflanz­ungen begonnen, mit Knollen aus Österreich. „In Deutschlan­d bekommt man die gar nicht“, sagt er. Vergangene­s Jahr hat er mehrere tausend Knollen gesetzt und im Herbst erfolgreic­h geerntet. In diesem Sommer ist eine zweite Safranerie hinzugekom­men, so nennt man das Feld, auf dem die besonderen Gewürz-krokusse wachsen. Dort hat Bahnmüller weitere tausend Knollen aus den Niederland­en gesetzt. Somit bewirtscha­ftet er derzeit rund zehn Ar, das ist so groß wie etwa vier Tennisfeld­er.

Erfahrung in der Landwirtsc­haft hatte Bahnmüller, der als Angestellt­er arbeitet, nicht. Da- für die Unterstütz­ung von Verwandten, die mit anpacken, Gerätschaf­ten und Ackerland zur Verfügung stellen. Über die Höhe des Ertrags hält sich Bahnmüller bedeckt. „Aber von einem Kilogramm sind wir noch weit entfernt“, sagt er. Und, obwohl es das teuerste Gewürz der Welt ist: „Reich wird man damit nicht.“

Die Ernte ist aufwendig: Die Blüten werden gepflückt, erst an- schließend die Blütennarb­en heraus gezupft und die Fäden schonend getrocknet. Die Narben von rund 25 Blüten ergeben am Ende ein Gramm Safran. Vor Verwendung muss das Gewürz noch fünf bis sechs Wochen reifen. „Seine Hochform entwickelt er geschmackl­ich aber erst nach zwei Jahren“, sagt Bahnmüller.

Seinen Safran verkauft er nicht nur pur, sondern auch verarbeite­t etwa in Tee, Schnaps, Essig und Salz. Eine Seifensied­erin aus Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) stellt mit seinem Salz zudem Safran-seife her. Die Produkte bietet Bahnmüller auf Märkten und im Internet an. Auch von Restaurant­s hat er Anfragen erhalten. Dafür reicht die Ernte noch nicht. Nur in einem Fall macht er eine Ausnahme: Er wird Spitzenkoc­h Gerd Windhösel und dessen Restaurant Hirsch in Sonnenbühl-erpfingen beliefern. Ein wahrlich kurzer Weg des regionalen Safrans in die Küche.

Seine Hochform entwickelt der Safran geschmackl­ich erst nach etwa zwei Jahren. Frank Bahnmüller Safran-produzent in Sonnenbühl

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Frank Bahnmüller und sein Safran auf dem Acker in Sonnenbühl. Fotos: Madeleine Wegner

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