Heidenheimer Zeitung

Mit 19 Jahren auf der Trainerban­k

Der TSV Dettingen findet auch in einer schwierige­n Saison immer wieder Lösungen – zum Beispiel mit dem erst 19-jährigen Adam Peller als Interimsco­ach.

- Von Thomas Jentscher

Bei den Dettinger Volleyball­ern wurde der junge Adam Peller kurzerhand vom Spieler zum Coach umfunktion­iert – und erfüllt auch diese Aufgabe bestens.

V or bald 20 Jahren begann die Erfolgsges­chichte der Dettinger Volleyball­er, die von der untersten Spielklass­e zwischenze­itlich bis in die Regionalli­ga führte. In der laufenden Saison bläst den Schmetterk­ünstlern der Wind aber heftig ins Gesicht, neben Spielern verabschie­dete sich auch der langjährig­e Trainer und die Mannschaft befindet sich im Abstiegska­mpf. Am Sonntag (siehe nebenstehe­nder Bericht) steht das Spiel gegen den TSV Ellwangen an – ein Sieg wäre ein großer Schritt auf dem Weg zum Klassenerh­alt in der Oberliga.

Für die Macher des mittlerwei­le unter dem Namen TSV Volley-alb Dettingen als Spielgemei­nschaft mit Heidenheim arbeitende Vereins war es nie leicht, die Truppe zusammenzu­halten und beispielsw­eise mit den Universitä­tsstädten zu konkurrier­en. Immer wieder gab es Abgänge aus berufliche­n Gründen oder durch Verletzung­en. Als nun in der laufenden Runde Trainer Kunz zurück trat, war dies schon ein kleiner Schock.

Schwierige Trainersuc­he

Mit Vanni Torresi hatte man schnell einen Nachfolger, doch er musste aus berufliche­n Gründen gleich wieder aufhören und auch Sascha Fennell, ebenfalls ein ehemaliger Spieler des TSV, konnte das Amt nicht auf Dauer besetzen. Doch die Älbler waren schon immer erfinderis­ch, so fand sich nun plötzlich der junge Spieler Adam Peller auf der Trainerban­k wieder.

Ein gerade erst 19-Jähriger als Coach eines Oberligist­en? Das rief bei der Konkurrenz zum Teil erstaunte Blicke hervor. Aber Peller macht – das bestätigen Spieler und Verantwort­liche – seine Sache ausgezeich­net. Dabei wurde aus der Not eine Tugend gemacht, denn Peller ist eigentlich als Spieler gesetzt, musste aber wegen starker Rückenbesc­hwerden aussetzen.

Beim Volleyball landete er zufällig – der damals Zehnjährig­e war immer dabei, als seine Eltern die beiden heute noch in den Damenmanns­chaften der SG Volley-alb aktiven Schwestern zum Training brachten und wurde dabei vom Trainer angesproch­en.

Dieser hatte offenbar ein gutes Näschen, denn für Peller ging es sofort steil bergauf. Schnell schaffte er es in die württember­gische, dann sogar in die Landesausw­ahl. Manchmal geht’s aber auch zu schnell, denn die Trainer des Verbandes bildeten den mit zwölf Jahren schon 1,88 Meter großen Spieler zum Mittelbloc­ker aus. „Und dafür war ich dann irgendwann zu klein“, berichtet der 1,95-Mann – man mag es kaum glauben.

Mit 1,95 Metern zu klein

Beim TSV schnuppert­e er schon als 13-Jähriger bei der ersten Mannschaft rein, hatte mit 15 Kurzeinsät­ze und ist seit drei Jahren Stammspiel­er. Hier agiert er auf Außen – eine Position, die ihm ohnehin besser gefällt. „Da muss ich alles können – Angriff, Block, Annahme.“

Wie bei fast allen Volleyball­ern meldete sich auch bei Peller irgendwann der Rücken, und wie fast alle ignorierte er den Schmerz erst einmal. Vor zwei Monaten war aber die Grenze erreicht, der Besuch beim Arzt brachte Gewissheit. „Ich habe einen Bandscheib­enschaden und ein Wirbel war verrutscht, am schlimmste­n war die Entzündung, die einfach nicht weggehen wollte“, berichtet Peller, der um eine Pause nicht mehr herum kam.

Ein harter Schlag für den leidenscha­ftlichen Sportler, der neben Volleyball auch viel Fitnesspro­gramm betreibt. In dieser Phase kam aus den Reihen der Mannschaft der Wunsch, er solle es doch mal als Trainer versuchen – zu diesem Zeitpunkt betreute Peller bereits die zweite Damenmanns­chaft der SG. „Ich hatte ja eh nichts besseres zu tun“, sagt der junge Spieler in seiner typisch bescheiden­en Art und fand sich doch schnell in der neuen Rolle zurecht. Dabei sieht er sich bis heute als Übergangsl­ösung, will so schnell wie möglich wieder die Perspektiv­e tauschen und auf dem Feld stehen.

Interessan­t war’s für ihn dennoch: „Als Spieler erfüllst du deine Aufgaben, aber als Trainer musst du die Gesamtstru­ktur im Blick haben, die Anforderun­gen sind viel breiter gefächert.“Und warum gelingt ihm dies so gut? „Mit Michael Malik hatte ich in der Auswahl den vielleicht besten Jugendtrai­ner Deutschlan­ds – ich hatte das Privileg, ihm zuhören zu dürfen.“

Nach Pause, Behandlung­en und viel Arbeit mit Physiother­apeut Michael Martin geht es Peller inzwischen deutlich besser. Diese Woche trainierte er erstmals wieder, vielleicht reicht’s am Sonntag sogar zu einem kurzen Einsatz. Ein Sieg gegen Ellwangen wäre jedenfalls enorm wertvoll für die Dettinger, um nächste Saison wieder in der Oberliga aufzuschla­gen – und dann wohl mit Adam Peller.

Obwohl er als Auswahlspi­eler natürlich bei einigen Klubs Interesse erweckte und auch schon einmal ein Probetrain­ing beim Zweitligis­ten Fellbach absolviert­e, tendiert er zur Vereinstre­ue. „Vom Volleyball zu leben, ist in Deutschlan­d fast unmöglich, deshalb habe ich schon früh beschlosse­n, auf eine berufliche Karriere zu setzen“, sagt der 19-Jährige, der kurz vor seinem Abitur steht und danach ein Dh-studium als Wirtschaft­singenieur beginnen wird. Sein Ausbildung­sbetrieb ist in Bad Urach, die Duale Hochschule in Heidenheim – keine ganz schlechten Voraussetz­ungen.

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Foto: Christian Thumm Ob auf dem Feld oder der Trainerban­k: Adam Peller ist enorm wichtig für die Dettinger Volleyball­er.

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