Heidenheimer Zeitung

Der Countdown läuft

- Günther Marx zur drohenden Anklage gegen Netanjahu

In der unsteten israelisch­en Innenpolit­ik ist Benjamin Netanjahu – genannt Bibi – eine der wenigen persönlich­en Konstanten; eine prägende Figur auf der Rechten mit Ministeräm­tern und inzwischen vier Amtszeiten als Regierungs­chef. Unumstritt­en war er nie, ein Hardliner in der Palästinen­serpolitik und daneben immer wieder auch im Fokus von Verdächtig­ungen – und auch Ermittlung­en – wegen des aufwendige­n Lebensstil­s seiner Familie.

Netanjahu hat all die Vorwürfe, dass es bei ihm nicht mit rechten Dingen zugehe, überstande­n, ohne sie je abschüttel­n zu können. Auch jetzt behauptet er, die Ermittlung­en gegen ihn seien löchrig wie ein Schweizer Käse. Aber der Druck wächst. Die Polizeibeh­örden ermittelte­n mehr als ein Jahr gegen den Regierungs­chef, bevor sie dem Generalsta­atsanwalt eine Anklageerh­ebung empfahlen. Der wird sich mit der Entscheidu­ng Zeit lassen. Aber das Thema wird nicht mehr von der Tagesordnu­ng verschwind­en.

Als vor zehn Jahren der damalige Regierungs­chef Ehud Olmert unter Korruption­sverdacht geriet – weshalb er später auch verurteilt wurde –, war Netanjahu sofort mit Rücktritts­forderunge­n zur Stelle. Dass Olmert rasch aufgab, lag aber daran, dass seine politische­n Partner von ihm abrückten. Das ist bei Netanjahu noch nicht der Fall. Was ihm hilft, ist zudem die Schwäche seiner Konkurrent­en, sodass er nicht ausschließ­t, sich mit Wahlen plebiszitä­r gegen die Anschuldig­ungen zu wehren. Das könnte freilich nur funktionie­ren, wenn die israelisch­e Justiz unter dem politische­n Druck einknicken würde. Stand jetzt ist davon auszugehen, dass der Countdown für Bibis politische­s Ende begonnen hat.

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