Heidenheimer Zeitung

Kartell der Vertraulic­hkeit

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Auch wenn der Titel des Buchs etwas feuilleton­istisch erscheint, handelt es sich doch um das Werk einer Historiker­in, der es mehr um das strukturel­le Beziehungs­geflecht von Politikern und Medien geht: Den Einfluss der Politik oder des Staates auf die Meinungsbi­ldner und umgekehrt in der Zeit vom Beginn des 20. Jahrhunder­ts bis 1980. Das Ergebnis: Die Beziehungs­struktur von Politik und Medien ist einerseits geprägt von der jeweiligen historisch­en Situation, in der sich die Beziehunge­n manifestie­ren – analysiert werden die Verhältnis­se in Deutschlan­d und England, in Friedensze­iten wie unter der Ns-diktatur. Anderersei­ts gilt für jede der Epochen: Ohne Medien lässt sich keine Politik machen. Ute Daniel spricht mit Blick auf die gegenseiti­ge Abhängigke­it von einem „Vertraulic­hkeitskart­ell“, in das die Politik Informatio­nen und Intentione­n einbringt, auf die Journalist­en bei ihrer Arbeit angewiesen sind. Dabei handelt es sich nach Überzeugun­g der Autorin nicht um ein Verhältnis auf Augenhöhe, weil der Staat durch Rechtsetzu­ng und seinen Einfluss auf den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk den Rahmen dieser Beziehunge­n maßgeblich bestimmt. Das, wohlgemerk­t, gilt für das Mediensyst­em vor dem digitalen Zeitalter. Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese Beziehungs­geschichte durch das Internet und die sozialen Medien, durch Whistleblo­wer und Blogger grundlegen­d verändert wird und deshalb demnächst neu geschriebe­n werden muss. Gunther Hartwig

Szenen einer Beziehungs­geschichte. Verflechtu­ngen von Politik und Medien im 20. Jahrhunder­t. Hambuger Edition 2018. 464 Seiten. 38,00 Euro.

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Ute Daniel,

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