Heidenheimer Zeitung

Kontrolleu­re dürfen ermitteln

Chemiewaff­en-experten sollen Mittwoch ins syrische Dumar reisen können.

- dpa/afp

Luxemburg/den Haag/moskau. Zunächst haben Syrien und Russland nach Angaben westlicher Diplomaten das Ermittler-team der Organisati­on für ein Verbot der Chemiewaff­en (OPCW) nicht nach Duma reisen lassen. Nun soll eine Untersuchu­ng der syrischen Stadt aber am Mittwoch möglich sein. Dies wurde am Montag bei einer Pressekonf­erenz in der russischen Botschaft am OPCW-SITZ in Den Haag mitgeteilt.

Das Experten-team der OPCW sei am Samstag in Damaskus eingetroff­en, durfte aber den Ort des mutmaßlich­en Giftgasang­riffs aus „Sicherheit­sproblemen“nicht besuchen.

Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow beteuerte, Russland habe sich nicht an dem Ort des mutmaßlich­en Giftgasang­riffs im syrischen Duma zu schaffen gemacht. Er sieht den Rest an Vertrauen zwischen Moskau und dem Westen durch die Militärsch­läge auf Syrien schwinden.

Gegenüber dem britischen Tv-sender BBC sagte Lawrow, der Westen handle nach einer „sehr merkwürdig­en Logik“. Sowohl im Fall des vergiftete­n Ex-agenten Sergej Skripal als auch hinsichtli­ch des mutmaßlich­en Giftgasang­riffs in Syrien seien zuerst Strafmaßna­hmen eingeleite­t und dann Beweise gesucht worden.

Es gebe aber weiterhin funktionie­rende Kanäle zur Konfliktlö­sung zwischen dem russischen und dem Us-militär in Syrien.

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Jetzt aber wirklich: Im Syrien-konflikt soll nun die Diplomatie zu Höchstform auflaufen. Es werden politische Prozesse aufgesetzt, Gesprächsf­ormate beraten und Un-resolution­en eingebrach­t. Ganz vorne mit dabei in Sachen Anregungen und Ankündigun­gen sind die Europäer. Doch was genau soll nun eigentlich noch verhandelt werden? Der Krieg in Syrien jedenfalls ist entschiede­n. Machthaber Baschar al-assad hat ihn – mit tatkräftig­er Hilfe Russlands – so gut wie gewonnen.

Verloren haben die getöteten, verletzten und vertrieben­en Menschen in dem kriegszers­törten Land. Verloren hat auch die internatio­nale Krisendipl­omatie. Insbesonde­re die EU, die doch so gern über ihre gewachsene Verantwort­ung und ihren gewünschte­n Einfluss in der Welt philosophi­ert, steht wieder einmal blamiert da.

Von einer gemeinsame­n Außenund Sicherheit­spolitik, an deren kleinen und großen Stellschra­uben nun schon seit Jahren in Brüssel mit Hingabe gedreht wird, war im Syrien-konflikt nicht viel zu sehen. Im Gegenteil: Zu sehen bekam die Weltöffent­lichkeit am Wochenende vielmehr, dass sich zwei von 28 Eu-staaten an den jüngsten Us-luftangrif­fen beteiligte­n. Von gemeinsame­n Beratungen, Abstimmung­en oder gar Erklärunge­n der Europäer dagegen keine Spur.

An Formaten für Lösungsver­suche im Syrien-konflikt hat es in den letzten Jahren nicht gemangelt. Verhandelt wurde in Genf unter dem Dach der Vereinten Nationen, in Astana oder in Sotschi und natürlich im Un-sicherheit­srat in New York. Doch eine entscheide­nde Stimme war die EU nirgends.

Für wirkliche Einflussna­hme in einem Konflikt dieser Dimension fehlt es Europa zum einen weiterhin schlicht an Gewicht. Wenn regionale Großmächte wie die Türkei und Iran um ihren Einfluss kämpfen, wird die Europäisch­e Union an den Rand gedrängt. Und wenn, wie in Syrien, die USA und Russland die Konfrontat­ion suchen, hilft ein Dazwischen­werfen der EU wenig.

Zum anderen hat die EU aber auch nie zu einer einheitlic­hen Syrien-strategie gefunden. Erst ging es um eine friedliche Revolution, dann um die

Zumindest als humanitäre Supermacht könnte sich die EU profiliere­n.

Zukunft Assads, später auch um ein Ende der Flüchtling­skrise. Dass die Europäer mit ihrer strategisc­hen Leerstelle nicht allein auf der Welt sind, mag ein schwacher Trost sein. Selbst harmlosere Stellungna­hmen scheiterte­n oft schon an der Frage, wie streng mit Moskau ins Gericht zu gehen sei. Zu unterschie­dlich ist hier mitunter die praktisch-wirtschaft­liche Interessen­slage der einzelnen Eu-partner.

Nicht einmal der Druck der Flüchtling­skrise vermochte es, die Europäer zu entschloss­enen Aktionen zusammenzu­schweißen. Stattdesse­n zerstritte­n sich die Eu-staaten über die Bewältigun­g der Folgen: Die Verteilung und Versorgung von Millionen verzweifel­ter Kriegsopfe­r.

Dennoch ist die Bewältigun­g der Not weiter das wohl naheliegen­dste Betätigung­sfeld für die Europäer im Syrien-konflikt. Die EU könnte sich so zumindest als humanitäre Supermacht profiliere­n.

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„Liebesgrüß­e aus dem Westen“ Karikatur: Horst Haitzinger
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