Experte warnt vor teuren Renten-plänen
Wie lässt sich Armut im Alter verhindern? Darüber streiten sich Politik und Wissenschaftler. Sozialminister Hubertus Heil spricht von „Annahmen ohne Fundament“.
Berlin. Wegen dreistelliger Milliardenkosten sind die Rentenpläne der Koalition aus Sicht anerkannter Rentenforscher längerfristig nicht tragbar. Union und SPD wollen die gesetzliche Rente bis 2025 auf heutigem Niveau von 48 Prozent absichern und den Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent nicht über 20 Prozent steigen lassen. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Max-planck-instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik wären im Jahr 2025 dafür 11 Milliarden Euro aus Steuern nötig. Würden Rentenniveau und Beitragssatz weiter beibehalten, wären es laut der Studie 2035 schon mehr als 80 und 2048 über 125 Milliarden Euro. Das Bundessozialministerium wies die Berechnungen zurück. Die „Süddeutsche Zeitung“hatte zuerst über die Studie berichtet.
„Ich gehe nicht davon aus, dass diese Politik der doppelten Haltelinien durchgesetzt werden kann“, sagte Axel Börsch-supan, einer der Studienautoren. „Langfristig ist es nicht tragbar, weil das Steuerplus zu hoch wäre“, so der Politikberater und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium. „Angesichts der dynamischen demografischen Entwicklung kann das Rentensystem nicht starr sein.“
Die Haltelinien beim Rentenniveau, dem Verhältnis von Rente zum Lohn, und beim Beitragssatz wurde auf Druck der SPD ein Koalitionsprojekt. Das Konzept stammt im Grundsatz noch von der damaligen Arbeitsministerin Andrea Nahles. Nahles, heute Fraktions- und Parteichefin, bezeichnete die Pläne als finanzierbar. Es sei etwas wert, wenn Menschen Sicherheit hätten und vor Altersarmut geschützt seien, meinte sie.
Börsch-supans Zahlen sind aber umstritten. Das Sozialministerium von Minister Hubertus Heil (SPD) sprach von zugrundeliegenden Annahmen ohne Fundament. „Etwaige Kosten lassen sich derzeit nicht seriös bestimmen, da die Einzelheiten der angestrebten Leistungsverbesserungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht feststehen.“Der Münchener Forscher entgegnete, die Rentenreform würde bei weiteren Verbesserungen noch teurer.
Beide Seiten warfen einander Verunsicherung vor. Und Cdu-haushälter Eckhardt Rehberg stellte bereits fest: „Die vereinbarten neuen Rentenleistungen können nicht aus dem Bundeshaushalt über Steuermittel finanziert werden.“Bereits heute finanziere der Bund rund ein Drittel der Rentenausgaben.
Der Sozialexperte der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), nannte die Berechnungen „voreilig“. Auch die Deutsche Rentenversicherung teilte mit, der Steuerbedarf könne noch nicht beziffert werden.