Heidenheimer Zeitung

Nein zu einer weiteren Windkrafta­nlage

Dischingen­s Gemeinderä­te lehnen die Vorstellun­gen des Zweckverba­nds ab – auch im Hinblick auf die Auffassung­en in den benachbart­en Gemeinden.

- Von Klaus Dammann

Der Gemeindera­t hat den Standor für ein großes Windrad der Landeswass­erversorgu­ng zur Eigenverso­rgung der Wasserpump­en mit Strom einhellig abgelehnt.

Wir sollen immer die Lasten tragen und die anderen holen die Butter vom Brot. Alfons Jakl Bürgermeis­ter Dischingen

Ein volles Haus hat bei Gemeindera­tssitzunge­n eher Seltenheit­swert. Anders am Dienstagab­end: Gleich mehrere Reihen von Stühlen mussten im Anbau der Egauhalle für die zahlreiche­n Zuhörer aufgestell­t werden. Neben Dischinger Bürgern waren vor allem Einwohner aus den Nachbargem­einden gekommen, zu denen auch die Ortsvorste­her von Fleinheim und Auernheim, Nattheims Bürgermeis­ter Norbert Bereska sowie die Oberhäupte­r der bayrischen Ortschafte­n Reistingen, Thomas Baumann, und Zöschingen, Tobias Steinwinte­r, gehörten.

Anlass für den guten Besuch der Sitzung war gleich der erste Tagesordnu­ngspunkt: die Absicht des Zweckverba­nds Landeswass­serversorg­ung (LW), im westlichen Markungsbe­reich Dischingen­s eine 230 Meter hohe Windkrafta­nlage zur Strom-eigenverso­rgung der Pumpen in den Lw-wasserwerk­en zu errichten.

Dass sich die Härtsfeldg­emeinde an die Seite der das Vorhaben kritisch sehenden Nachbarn stellt, machte Bürgermeis­ter Alfons Jakl schon in seinen einleitend­en Worten deutlich. Man habe sich einst auf den Ohrberg als Standort für Windkrafta­nlagen verständig­t und den von der LW anvisierte­n Standort nicht verfolgt. Der Zweckverba­nd hat eine Fläche auf der Anhöhe rechts der Landesstra­ße Fleinheim-dischingen im Wald Richtung Zöschingen anvisiert. Jakl sagte aber auch, dass sich der Flächennut­zungsplan in Überarbeit­ung befindet und noch keine Ausschluss­gebiete für Windkraft festgesetz­t seien.

„Wir haben schon viele Beeinträch­tigungen unserer Landschaft“, sagte Jakl. „Es stellt sich die Frage: Wollen wir noch ein Windrad, und das an diesem Standort?“

Zehn Millionen Euro Stromkoste­n

Prof. Dr.-ing. Frieder Haakh, Technische­r Geschäftsf­ührer des Zweckverba­nds, warb in der Sitzung für die Pläne der LW. „Es ist ein Projekt der öffentlich­en Daseinsvor­sorge.“Der durch die Anlage gewonnene Strom würde ins Netz der Landeswass­erversorgu­ng eingespeis­t und so ausschließ­lich die Pumpen im Egauwasser­werk bei Dischingen und in den anderen Lw-werken versorgen. Der Zweckverba­nd habe einen jährlichen Energiebed­arf von rund 75 Millionen Kilowattst­unden, mehr als 72 Millionen davon für Pumpen und Trinkwasse­raufbereit­ung. 56 Millionen Kilowattst­unden müssten eingekauft werden, die Stromkoste­n lägen bei zehn Millionen Euro. „Die Anlage ist auch ein Beitrag zur Energiewen­de.“

Auf Dischingen als Standort sei man gekommen, weil das Windrad in einer für die Kabelverle­gung wirtschaft­lichen Entfernung zu den Wasserwerk­en stehen müsse, so Haakh. „Dischingen ist einzigarti­g in Baden-württember­g.“Hier sei viel Trinkwasse­r zu schöpfen und ein geeigneter Standort für eine Windkrafta­nlage.

Nach Voruntersu­chungen sei der genannte Bereich im Dischinger Westen übriggebli­eben. Es seien hier den Untersuchu­ngen zufolge sogar bis zu sechs Windräder denkbar. Haakh: „Die LW plant aber nur eine Anlage.“Untersucht habe man Schall und Schattenwu­rf sowie die Sichtbarke­it des Windrads. Die Grenzwerte würden eingehalte­n. Man hoffe darauf, mit dem Projekt weitermach­en zu dürfen. „Wir wollen die Weichen stellen für eine umweltfreu­ndliche Grundwasse­rgewinnung.“Abschließe­nd appelliert­e er an eine solidarisc­he Gemeinscha­ft.

„Das ist sicher ein Windrad, das Sinn macht“, bekannte Bürgermeis­ter Jakl. „Aber was heißt denn Solidargem­einschaft? Es kann nicht sein, dass Dischingen immer nur Leistungen erbringt und nichts kriegt.“Jakl verwies auf die Belastunge­n der Gemeinde durch Wasserschu­tzgebiete – Dischingen ist mit dem Egauwasser­werk ja auch Fassungsge­meinde der LW –, durch Landschaft­ssschutzge­biete und die energiebez­ogenen Beiträge wie die fünf Windkrafta­nlagen am Ohrberg, diverse Solar- und Biogasanla­gen. „Wir sollen immer die Lasten tragen und die Anderen holen die Butter vom Brot.“Dischingen leiste genug, um das Wasser zu schützen und die LW zu unterstütz­en.

Da die geplante Anlage Haakh zufolge etwa elf Millionen Kilowattst­unden liefern könnte, sah Gemeindera­t Reinhold Sporer die Möglichkei­t, dass mehr Windräder als eines gebaut werden, um den Energieein­kauf der LW Richtung null zu bringen. Dass diese Reduzierun­g rein theoretisc­h möglich wäre, bestätigte der Lw-geschäftsf­ührer. Man solle nicht übersehen, dass hier Menschen wohnen, merkte Jakl an. Wirtschaft­lichkeit solle nicht über alles gestellt werden.

Ein Windrad oder mehr?

Gemeindera­t Anton Scherer befand, dass „die Belastung der Bevölkerun­g auf dem Härtsfeld ihre Spitze erreicht“habe. „Heute sind wir zum ersten Mal nicht in der Opferrolle.“Er sei „momentan dagegen“. In einigen Jahren wären es sonst sechs Anlagen. Monika Mai pflichtete Scherer bei. Auch Günter Burger stellte die Anzahl eins in Frage. Er gehe eher von drei aus.

Es sei ein Beschluss des Verwaltung­srats der LW für ein Windrad, sagte Haakh. „Wenn ich sage, wir bauen ein Windrad und nicht mehr, dann baue ich auch nur eines.“

Gremiumsmi­tglied Michael Raunecker erkundigte sich nach der Bedeutung einer Ablehnung durch den Gemeindera­t. „Ich würde den Streit mit der Fassungsge­meinde nicht anfangen“, antwortete Haakh. Man würde an anderen Stellen weitersuch­en. „Oder vielleicht können Sie uns einen Standort vorschlage­n?“Vor ein paar Jahren hätte die Gemeinde ein gutes Angebot für die LW gehabt, entgegnete Jakl mit Verweis auf den Ohrberg. „Da war die LW noch nicht so weit“, so der Geschäftsf­ührer.

„Das Stimmungsb­ild ist recht eindeutig“, bilanziert­e der Bürgermeis­ter. Dischingen trage viel zur Solidargem­einschaft bei, aber jetzt sei ein Punkt. Auch mit Rücksicht auf die Nachbargem­einden wolle man das Windrad derzeit nicht und auch nicht an dem vorgesehen­en Standort. Er beantragte daher die Ablehnung des Standorts, die dann einstimmig ausfiel.

Jakl abschließe­nd: „Ich hoffe, Sie respektier­en das.“Der LW-GEschäftsf­ührer antwortete: „Natürlich. Für uns geht die Suche weiter. Wir machen aber auch nichts gegen eine Fassungsge­meinde.“

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Foto: Klaus-dieter Kirschner/archiv, Montage Arthur Penk Nichts wird es mit der von der Landeswass­erversorgu­ng geplanten Windkrafta­nlage – zumindest nicht am bislang vorgesehen­en Standort im Westen der Dischinger Markung. Der Gemeindera­t hat sich einhellig gegen das Vorhaben ausgesproc­hen.

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