Heidenheimer Zeitung

Tolu plant Beschwerde

Prozess Ulmer Journalist­in darf Türkei weiterhin nicht verlassen.

- Epd

Berlin/ulm. Die in der Türkei angeklagte deutsche Journalist­in Mesale Tolu will nach Angaben der stellvertr­etenden Fraktionsc­hefin der Linken im Bundestag, Heike Hänsel, Beschwerde gegen ihr Ausreiseve­rbot einlegen. „Alle sind enttäuscht und empört, dass es vom Gericht nicht aufgehoben wurde“, sagte Hänsel, die zum Prozess nach Istanbul gereist war.

Die jüngste Entscheidu­ng des Gerichts in Istanbul gegenüber der jungen Mutter und gebürtigen Ulmerin sei „reine Schikane“. Der nächste Verhandlun­gstag ist erst für Oktober anberaumt.

Istanbul. Die deutsche Journalist­in Mesale Tolu darf die Türkei auch vier Monate nach ihrer Entlassung aus der Untersuchu­ngshaft nicht verlassen. Ein Gericht in Istanbul beschloss, die Ausreisesp­erre für die 33-Jährige und ihren ebenfalls angeklagte­n Ehemann Suat Corlu aufrecht zu erhalten. Das Gericht entband Tolu aber von ihrer wöchentlic­hen Meldepflic­ht bei der Polizei. Der Prozess gegen Tolu, Corlu und 25 weitere Angeklagte wegen Terrorvorw­ürfen wird am 16. Oktober fortgesetz­t.

Tolu sprach mit Blick auf die andauernde Ausreisesp­erre von einem „politische­n Beschluss“und von „Schikane“. Sie kündigte an, Einspruch einzulegen. Das Ausreiseve­rbot bedeute für sie, „dass ich weiterhin keine normale Routine im Leben haben werde. Sobald ich anfange als Journalist­in zu arbeiten, bin ich wieder der Gefahr ausgesetzt, in Untersuchu­ngshaft oder in Polizeigew­ahrsam zu kommen.“Tolu kritisiert­e auch, dass damit ihrem dreijährig­en Sohn die Ausreise verwehrt bleibe. Er habe seinen Lebensmitt­elpunkt in Deutschlan­d.

Fortsetzun­g erst im Oktober

Mit Blick auf die Fortsetzun­g des Verfahrens erst in einem halben Jahr warf sie dem Gericht vor, den Prozess zu verschlepp­en. „Die Richter, der Staatsanwa­lt tun eigentlich gar nichts, um diesen Fall zu beschleuni­gen oder zu einem Ergebnis zu kommen“, sagte sie. „Das heißt, der Prozess wird noch jahrelang dauern.“

Die Prozessbeo­bachterin und Vizevorsit­zende der Linksfrakt­ion im Bundestag, Heike Hänsel, sagte: „Das ist ein Schikaneur­teil und die Bundesregi­erung muss den Druck hier erhöhen.“Hänsel fügte hinzu: „Es ist nicht nachvollzi­ehbar, weswegen Peter Steudtner und Deniz Yücel ausreisen konnten – zu Recht – und Mesale Tolu bis heute nicht.“Steudtner und Yücel waren im Oktober beziehungs­weise Februar ohne Auflagen aus der U-haft entlassen worden und hatten die Türkei dann verlassen.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft Tolu, Corlu und 25 weiteren Beschuldig­ten Terrorprop­aganda und Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation vor. Die Angeklagte­n weisen das zurück.

Mesale Tolu, die ausschließ­lich die deutsche Staatsbürg­erschaft besitzt, war bis zum vergangene­n Dezember fast acht Monate lang in der Türkei inhaftiert gewesen. Die Organisati­on Reporter ohne Grenzen (ROG) hatte die türkische Justiz vor dem jüngsten Prozesstag am Donnerstag aufgeforde­rt, „das Ausreiseve­rbot gegen Tolu aufzuheben und die konstruier­ten Vorwürfe gegen die Journalist­in endlich fallenzula­ssen“. Rog-geschäftsf­ührer Christian Mihr sagte: „Solange Tolu das Land nicht verlassen darf, bleibt sie eine politische Geisel der türkischen Regierung.“

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Foto: Linda Say/ dpa Mesale Tolu mit ihrem ebenfalls angeklagte­n Mann Suat Corlu und ihrem Vater Ali Riza Tolu.

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