Mehr Rivalen als Partner
Dieselbe Wertschätzung wie Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron wird Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Us-präsident Donald Trump niemals genießen. Darin sind zwei führende Experten in den deutsch-amerikanischen Beziehungen überzeugt. Jackson Janes, langjähriger Präsident des American Institute for Contemporary German Studies (Washington), sagt, eine so persönliche Beziehung wie zu Macron werde es niemals geben, „weil der Präsident die Kanzlerin nicht als Partner sondern vielmehr als Rivalin ansieht“. Zum einen wegen der deutschen Wirtschaftskraft, des andauernd hohen Handelsüberschusses und Merkels Beliebtheit, die seine deutlich übertrifft. Selbst die Tatsache, dass sie von einem Us-magazin mehrfach zur „mächtigsten Frau der Welt“gekürt wurde, irritiere Trump, „der alles persönlich nimmt, und für den Ranglisten sowie Einschaltquoten eine Besessenheit sind“.
Janes sagt, die Kanzlerin sollte ihre Visite nutzen, um eine Wiederaufnahme der Verhandlungen um ein transatlantisches Handelsabkommen anzuregen. Bastian Hermisson, Exekutivdirektor des Washingtoner Büros der Heinrich-böll-stiftung, geht einen Schritt weiter. „Merkel könnte das Angebot versüßen, indem sie einräumt, dass der deutsche Handelsüberschuss zu hoch ist und
Deutschland weckt bei Trump keine Sympathie.
beispielsweise mehr öffentliche Investitionen in Aussicht stellen, welche die Binnennachfrage ankurbeln würden.“Das Problem bestehe darin, dass „Trump überzeugt ist, dass Deutschland die USA über den Tisch ziehen will“. Für ihn seien „internationale Beziehungen ein Nullsummenspiel, er behandelt sie wie eine kurzfristige Geschäftsbeziehung, und damit wird die gesamte transatlantische Wertegemeinschaft in Frage gestellt“.
Die mangelnde Sympathie bedeute nicht, dass man nicht konstruktiv zusammenarbeiten könne, sagt Janes. Pessimistischer schätzt Hermisson die Lage ein. Merkel müsse sachlich die wichtigsten Punkte vortragen, etwa an die von deutschen Unternehmen in den USA geschaffenen Arbeitsplätze erinnern und bei den Themen Handel, China und Atompolitik vor allem Schadensminimierung betreiben. Dass Trump diese Argumente akzeptiert und er sich von Zöllen gegen die EU abhalten lässt, sei keineswegs garantiert, meinen beide Experten. Sich mit diesem Präsidenten um eine Bewahrung der liberalen Weltordnung zu bemühen, sei nicht möglich und müsse von der Kanzlerin akzeptiert werden, ist Hermisson überzeugt. Er sagt, dass „Deutschland überall in den USA respektiert wird, aber zumindest in Washington keine besonderen Sympathien weckt, schon gar nicht bei Trump“.