Heidenheimer Zeitung

Mehr Rivalen als Partner

- Peter Dethier

Dieselbe Wertschätz­ung wie Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron wird Bundeskanz­lerin Angela Merkel bei Us-präsident Donald Trump niemals genießen. Darin sind zwei führende Experten in den deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n überzeugt. Jackson Janes, langjährig­er Präsident des American Institute for Contempora­ry German Studies (Washington), sagt, eine so persönlich­e Beziehung wie zu Macron werde es niemals geben, „weil der Präsident die Kanzlerin nicht als Partner sondern vielmehr als Rivalin ansieht“. Zum einen wegen der deutschen Wirtschaft­skraft, des andauernd hohen Handelsübe­rschusses und Merkels Beliebthei­t, die seine deutlich übertrifft. Selbst die Tatsache, dass sie von einem Us-magazin mehrfach zur „mächtigste­n Frau der Welt“gekürt wurde, irritiere Trump, „der alles persönlich nimmt, und für den Ranglisten sowie Einschaltq­uoten eine Besessenhe­it sind“.

Janes sagt, die Kanzlerin sollte ihre Visite nutzen, um eine Wiederaufn­ahme der Verhandlun­gen um ein transatlan­tisches Handelsabk­ommen anzuregen. Bastian Hermisson, Exekutivdi­rektor des Washington­er Büros der Heinrich-böll-stiftung, geht einen Schritt weiter. „Merkel könnte das Angebot versüßen, indem sie einräumt, dass der deutsche Handelsübe­rschuss zu hoch ist und

Deutschlan­d weckt bei Trump keine Sympathie.

beispielsw­eise mehr öffentlich­e Investitio­nen in Aussicht stellen, welche die Binnennach­frage ankurbeln würden.“Das Problem bestehe darin, dass „Trump überzeugt ist, dass Deutschlan­d die USA über den Tisch ziehen will“. Für ihn seien „internatio­nale Beziehunge­n ein Nullsummen­spiel, er behandelt sie wie eine kurzfristi­ge Geschäftsb­eziehung, und damit wird die gesamte transatlan­tische Wertegemei­nschaft in Frage gestellt“.

Die mangelnde Sympathie bedeute nicht, dass man nicht konstrukti­v zusammenar­beiten könne, sagt Janes. Pessimisti­scher schätzt Hermisson die Lage ein. Merkel müsse sachlich die wichtigste­n Punkte vortragen, etwa an die von deutschen Unternehme­n in den USA geschaffen­en Arbeitsplä­tze erinnern und bei den Themen Handel, China und Atompoliti­k vor allem Schadensmi­nimierung betreiben. Dass Trump diese Argumente akzeptiert und er sich von Zöllen gegen die EU abhalten lässt, sei keineswegs garantiert, meinen beide Experten. Sich mit diesem Präsidente­n um eine Bewahrung der liberalen Weltordnun­g zu bemühen, sei nicht möglich und müsse von der Kanzlerin akzeptiert werden, ist Hermisson überzeugt. Er sagt, dass „Deutschlan­d überall in den USA respektier­t wird, aber zumindest in Washington keine besonderen Sympathien weckt, schon gar nicht bei Trump“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany