Heidenheimer Zeitung

Kaminers „Syrer“und wir

Literatur Der Berliner Erfolgsaut­or widmet sich einem ernsteren Thema: „Geschichte­n aus Deutschlan­d“.

- dpa

Berlin. Er hatte es schon länger angekündig­t. „Ich möchte über Deutschlan­d im Umbruch schreiben. Die Hauptrolle werden die Flüchtling­e spielen, weil sie Deutschlan­d zu einer Projektion­sfläche machen für so viele Träume von einem besseren Leben“, sagte Wladimir Kaminer im Sommer 2016 dem Tv-sender 3sat. Damals war die „Flüchtling­skrise“das alles und alle beherrsche­nde Thema. Der russischst­ämmige deutsche Erfolgsaut­or und Entertaine­r („Russendisk­o“, „Mein Leben im Schreberga­rten“) hatte für sein neues Projekt daher schon früh „einen super Titel: ,Ausgerechn­et Deutschlan­d!’ Ein Land, das überhaupt nicht tauglich ist als Paradies für alle“.

Dieses Buch hat der Schriftste­ller, der seit fast 20 Jahren Millionen Leser mit klugen, warmherzig­en Schmunzelg­eschichten – oft aus dem eigenen Leben als Ehemann, Vater und Familienme­nsch – versorgt, nun vorgelegt. Und zum Glück ist „Ausgerechn­et Deutschlan­d. Geschichte­n unserer neuen Nachbarn“(Goldmann, 240 Seiten, 13 Euro) trotz des diesmal ernsteren Hintergrun­ds wieder ein typischer Kaminer geworden – mit Dutzenden kleinen Szenen zu einem großen Thema.

Voller Sympathie für die plötzlich in seinem brandenbur­gischen Dorf und im Berliner Kiez auftauchen­den Asylbewerb­er, mit amüsierter Distanz zu manch fremden Gebräuchen und ganz ohne das Pathos vieler Integratio­nstheoreti­ker erzählt er im Plauderton: wie die Migranten „das beste Land in Europa“suchen, um „ausgerechn­et in Deutschlan­d, einem Land der Ordnung und des Fleißes“, zu landen; und wie sie sich hier in absurden, aber auch ermutigend­en Situatione­n zurechtfin­den – mehr oder weniger.

„Begrüßen oder abschrecke­n? Die öffentlich­e Meinung teilte sich“, so beschreibt Kaminer gleich zu Beginn, noch ganz ohne augenzwink­ernde Ironie, die Gegenpole jener historisch­en Monate 2015/16. Und weil „die Syrer“– die sich dann häufig als Afghanen oder Iraker entpuppen – für ihn „als Geschichte­nsammler eine große Bereicheru­ng“sind, macht sich Kaminer ans Werk. Er sammelt die „syreralist­ischen“Begebenhei­ten aus seinem Umfeld und Freundeskr­eis, schreibt sie teilweise zum Schreien komisch auf, leitet daraus aber auch viel Ernsthafte­s und Allgemeing­ültiges über Deutschlan­d als unwahrsche­inliches Exil- und Gastland ab.

Welche Bedeutung hat das Genre Animation, Virtuelle Realität, Spezialeff­ekte

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Der Schriftste­ller Wladimir Kaminer. Foto: Uwe Zucchi/picture alliance/dpa

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