Bund und Länder appellieren: Keine privaten Feiern mehr
Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigt für kommende Woche längerfristiges Corona-konzept an. Bevölkerung soll Kontakte auf Minimum beschränken.
Bund und Länder haben sich darauf verständigt, für die nächsten Tage erst einmal keine weiteren Verbote zur Eindämmung der Corona-pandemie zu erlassen. Erst in der kommenden Woche soll es ein Konzept geben, das auch für einen längeren Zeitraum gelten soll. Nach einer Video-konferenz riefen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten die Bürger am Montagabend aber dringend dazu auf, ihre privaten Kontakte noch einmal deutlich zu reduzieren.
Private Treffen: Private Zusammenkünfte mit Bekannten und Verwandten sollen sich auf „einen festen weiteren Hausstand“beschränken, das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Auf private Feiern sollen Bürgerinnen und Bürger verzichten.
Mobilität: Bürger werden angehalten, auf „nicht notwendige private Reisen und touristische Tagestouren“zu verzichten und öffentliche Verkehrsmittel möglichst zu meiden.
Telefonische Krankschreibung: Menschen mit Atemwegserkrankungen sollten die Möglichkeit
nutzen, sich von ihrem Arzt telefonisch krankschreiben zu lassen.
Schutz von Risikogruppen: Besonders gefährdete Menschen sollen zum Schutz vor dem Coronavirus von Dezember an 15 vergünstigte Ffp2-masken erhalten. Das ergebe rechnerisch eine Maske pro Winterwoche. Wer genau profitiert, soll noch geklärt werden – generell gelten Alte, Kranke oder Menschen mit Vorerkrankungen als besonders gefährdet.
Impfzentren: Bund und Länder rechnen damit, dass es höchstwahrscheinlich im ersten Quartal kommenden Jahres mindestens einen zugelassenen Impfstoff geben wird. Die Länder sollen dafür sorgen, dass ihre Impfzentren und -strukturen dann kurzfristig in Betrieb gehen können.
Evaluation und Schulen: Wie es weitergeht, wollen Bund und Länder am 25. November beraten. Dann soll es auch um die Reduzierung von Ansteckungsrisiken in Schulen gehen. Diese sollen offen bleiben.
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Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel ringen um den richtigen Weg zur Eindämmung der Corona-pandemie. Beim Thema Schulen lag man über Kreuz.
Worum ging es beim Streit um die Schulen?
Aus der Reihe der Ministerpräsidenten kam massive Ablehnung an den Vorschlägen der Kanzlerin etwa für eine Maskenpflicht an sämtlichen Schulstufen und für halbierte Klassen. Mecklenburg-vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) twitterte, das sei „nicht besprochen oder abgestimmt“. Auch Cdu-regierungschefs protestierten.
Ist die Maskenpflicht im Unterricht denn zumutbar?
Das könne nur „das letzte Mittel sein“, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, dieser Zeitung. Zuvor solle man alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen und Maßnahmen ergreifen, damit der Abstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Das Maskentragen empfiehlt Beckmann im Treppenhaus oder bei Ein- und Ausgängen, nicht aber auf dem Schulhof – weil Schüler „auch mal Pausen“vom Maskentragen bräuchten.
Wie realistisch ist die Idee, Schulklassen zu halbieren?
Um das hinzubekommen, fehlt es laut Beckmann an Räumen und an Personal. Die Idee von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Unterricht etwa in Kulturzentren oder Gaststätten zu veranstalten, bewertet Beckmann grundsätzlich positiv. Wobei er anmerkte, dass das „fokussierte Lernen“in Gaststätten natürlich schwerfallen könne.
Kommt der Wechsel von Präsenzund Distanzunterricht?
Wenn es nach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ginge, ja.
Andere wie Baden-württembergs Kulturministerin Susanne Eisenmann (CDU) sehen im Fernunterricht unter den jetzigen technischen Bedingungen aber „eine Katastrophe“. In Merkels Vorschlag war der Distanzunterricht nur für Schülerinnen und Schüler vorgesehen, die sich wegen einer Infektion oder als Kontaktpersonen in Quarantäne befinden.
Getrennte Pausen, mehr Schulbusse – warum dauert das alles so lange?
Laut Verbandschef Beckmann stellt die Umstellung der Pausen viele Schulen vor enorme organisatorische Probleme. „Wir reden hier ja nicht nur von der kleinen Dorfschule mit acht Klassen, sondern über Campusschulen mit 1000 und mehr Schülerinnen und Schülern.“Bei Schulbussen sei das Problem, dass gerade in ländlichen Gebieten das Angebot oft nicht da sei. Grundsätzlich sei es aber sinnvoll, „bei Reisebusunternehmen anzufragen, weil diese im Moment keine Reisen anbieten können“.
Welche Vorschläge gibt es noch für die Schulen?
Söder empfiehlt, die Lehrpläne zu verschlanken, um so den Leistungsdruck für die Schüler zu reduzieren. Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Einrichtung eines Corona-bildungsregisters. Aus ihm müsse hervorgehen, „wie viele Schüler, Kitakinder, Lehrkräfte und Erzieherinnen“gerade in Quarantäne seien.
Was bleibt in Deutschland an Kontakten erlaubt?
Wenig, wenn es nach dem Appell der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten an die Bürger geht – Vorschrift ist das aber noch nicht. Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit soll so nur mit den Angehörigen des eigenen und maximal zwei Personen eines weiteren Hausstandes gestattet werden. Auf private Feiern soll zunächst bis zum Weihnachtsfest gänzlich verzichtet werden. Auf „nicht notwendige Fahrten mit öffentlichen Beförderungsmitteln“sollen die Bürger ebenfalls verzichten. Auch Kinder und Jugendliche sollen sich nur mit Freunden aus einem einzigen anderen Hausstand treffen. Personen mit Atemwegserkrankungen sollen sich telefonisch von ihrem Arzt krankschreiben lassen und zu Hause bleiben, bis die akuten Symptome abklingen und sich also voll auskurieren.
Wie geht es weiter mit der Corona-warn-app?
Zwar haben bisher 22,5 Millionen Deutsche die Corona-app installiert, ob sie aber tatsächlich etwas bringt, ist umstritten. Klar ist zumindest, dass die App verbessert werden soll. Laut Bundesregierung wird sie in den kommenden sechs Wochen weitere Updates erhalten. In Zukunft soll so bis zu sechsmal täglich überprüft werden, ob der App-nutzer eine Risikobegegnung hatte – bisher passiert das nur einmal. Zudem soll die Zahl der positiv auf Corona Getesteten, die ihren Befund über die App mit denen teilen, die mit ihnen Kontakt hatten, gesteigert werden. Dazu bekommen die Infizierten zwei Stunden nach ihrer Test-information eine Erinnerung, diese doch bitte zu teilen. Passiert das nicht, gibt es das weitere zwei Stunden später erneut.
Bisher haben laut Gesundheitsministerium rund 60 000 Infizierte ihr Testergebnis per App geteilt. Nun soll die Warn-app um Informationen über den aktuellen Stand der Pandemie ergänzt werden, also die Zahl der Neuinfektionen und ähnliches.
Wird die Warn-app internationaler?
Ja. Sie soll sich Stück für Stück besser mit den Apps anderer europäischer Länder verstehen. Bisher sind sechs ausländische Apps mit der deutschen Variante kompatibel, bis Monatsende sollen neun weitere Länder dazukommen.