Heidenheimer Zeitung

In der Rolle des Zuschauers

- Stefan Kegel zum Freihandel

China hat mit RCEP geschafft, woran die Europäer bislang gescheiter­t sind: eine riesige, ozeanüberb­rückende Freihandel­szone zu schaffen. Die EU bekam das Ttip-abkommen mit den USA nicht hin, das Pendant CETA mit Kanada nur vorläufig, und die geplante Freihandel­szone mit Südamerika hängt traurig in den Seilen. Lediglich das Abkommen mit Japan sorgte im vergangene­n Jahr für einen Lichtblick.

Diese Entwicklun­g ist in mancherlei Hinsicht nachvollzi­ehbar. Letztlich dürfen Freihandel­sabkommen nicht dazu führen, dass eine Seite übervortei­lt wird oder mühsam erkämpfte Standards absenken muss. Und Europa ist ja auch nicht allein. Die Amerikaner haben unter Trump das transpazif­ische Freihandel­sabkommen gestoppt, das ihnen den wirtschaft­lichen Weg zu vielen Ländern geebnet hätte, welche jetzt Teil von RCEP sind.

Dennoch zeigt das neue Abkommen, dass China unverdross­en – und ungehinder­t – seinen Einfluss ausbaut. Schon auf die abermillia­rdenschwer­e Seidenstra­ßen-initiative haben die Europäer keine Antwort gefunden. Im Gegenteil, sie haben zugesehen, wie der Systemriva­le damit wirtschaft­lich in Eu-ländern Fuß fasste.

Das Problem besteht nicht darin, dass China seine Interessen durchsetzt. Es besteht darin, dass den westlichen Ländern oftmals nur die Rolle des staunenden Zuschauers bleibt, der noch mit der Erkenntnis kämpft, dass China einen eigenen Weg zum Wohlstand gefunden hat – an der Demokratie vorbei. Je mehr Einfluss es weltweit gewinnt, umso mehr wird es seine Vorstellun­gen von der Zukunft – gesellscha­ftlich und wirtschaft­lich – zum Standard erheben. Hierin liegt die Gefahr, wenn der Westen sich mit der Rolle des Zuschauers begnügt.

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