In der Rolle des Zuschauers
China hat mit RCEP geschafft, woran die Europäer bislang gescheitert sind: eine riesige, ozeanüberbrückende Freihandelszone zu schaffen. Die EU bekam das Ttip-abkommen mit den USA nicht hin, das Pendant CETA mit Kanada nur vorläufig, und die geplante Freihandelszone mit Südamerika hängt traurig in den Seilen. Lediglich das Abkommen mit Japan sorgte im vergangenen Jahr für einen Lichtblick.
Diese Entwicklung ist in mancherlei Hinsicht nachvollziehbar. Letztlich dürfen Freihandelsabkommen nicht dazu führen, dass eine Seite übervorteilt wird oder mühsam erkämpfte Standards absenken muss. Und Europa ist ja auch nicht allein. Die Amerikaner haben unter Trump das transpazifische Freihandelsabkommen gestoppt, das ihnen den wirtschaftlichen Weg zu vielen Ländern geebnet hätte, welche jetzt Teil von RCEP sind.
Dennoch zeigt das neue Abkommen, dass China unverdrossen – und ungehindert – seinen Einfluss ausbaut. Schon auf die abermilliardenschwere Seidenstraßen-initiative haben die Europäer keine Antwort gefunden. Im Gegenteil, sie haben zugesehen, wie der Systemrivale damit wirtschaftlich in Eu-ländern Fuß fasste.
Das Problem besteht nicht darin, dass China seine Interessen durchsetzt. Es besteht darin, dass den westlichen Ländern oftmals nur die Rolle des staunenden Zuschauers bleibt, der noch mit der Erkenntnis kämpft, dass China einen eigenen Weg zum Wohlstand gefunden hat – an der Demokratie vorbei. Je mehr Einfluss es weltweit gewinnt, umso mehr wird es seine Vorstellungen von der Zukunft – gesellschaftlich und wirtschaftlich – zum Standard erheben. Hierin liegt die Gefahr, wenn der Westen sich mit der Rolle des Zuschauers begnügt.